Im TK Elevator Turm in Rottweil werden Aufzüge getestet und zertifiziert, die sowohl superschnell, als auch horizontal fahren und die Art, wie wir uns innerhalb von Gebäuden bewegen, radikal verändern werden.
June 16, 2024
In der ältesten Stadt Deutschlands steht ein Turm.
In diesem Turm werden Aufzüge getestet.
Aufzüge, die alles verändern!
In Rottweil, genauer im TK-Elevator Turm werden Aufzüge getestet und zertifiziert, die sowohl superschnell, als auch horizontal fahren und die Art, wie wir uns innerhalb von Gebäuden bewegen, radikal verändern werden. In einem 246 Meter hohen Turm gibt es insgesamt 12 Schächte, in denen Fahrgeschwindigkeiten von bis zu 18 m/s realisiert werden können.
18 m/s das sind in etwa 65 km/h - für das menschliche Komfortempfinden zu schnell. Die Grenze für die max. Geschwindigkeit für Aufzüge liegt derzeit bei ca. 10 m/s also ca. 36 km/h. Auf 232 Metern befindet sich zudem die bundesweit höchste öffentliche Besucherplattform. Sie ist sogar höher als die des Berliner Fernsehturms.
Im Shanghai Tower befindet sich der aktuell schnellste Aufzug der Welt. Er fährt über 74 km/h. In 55 Sekunden gelangt man so vom Erdgeschoss in die 118. Etage.
Mit einem Investitionsvolumen von mehr als 40 Millionen Euro und einer Bauzeit von 10 Monaten ist der Turm ein durchaus bemerkenswertes Großprojekt der Region. Zunächst wurde der Turm als grauer Pfeiler errichtet. Dies stieß in der Bevölkerung allerdings nicht unbedingt auf Wohlwollen. Aufgrund dessen wurden die Architekten Helmut Jahn und Werner Sobek beauftragt, den Turm zu verschönern. Der Turm wird nun mit Glasfasergewebe umhüllt. Solche Materialien kennt man aus dem Stadionbau. Dieses ist am Fuß engmaschig gehalten und öffnet sich nach oben hin immer weiter. Dadurch wird mehr vom Turm sichtbar. Das Gewebe ist so konzipiert, dass es Licht zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten individuell reflektiert und den Turm somit zu einem lebendigen und sich wandelnden Bauwerk macht. Außerdem verbessert die Membran die statischen Eigenschaften im Windfall des Turmes und sorgt dafür, dass der Turm weniger schwankt.
Drei der zwölf Aufzugsschächte sind nur für den horizontal fahrenden Aufzug reserviert. Dieser wird mit der sogenannten Linearmotor-Technologie gehalten und auf Schienen geführt. Diese Technologie wurde ursprünglich für den Transrapid und die Magnetschwebebahn entwickelt. Der Aufzug selbst fährt komplett seillos. Teilweise können in einem Schacht sogar mehrere Kabinen neben bzw. übereinander fahren. Dadurch kann die Förderleistung um bis zu 50 Prozent gesteigert und der Raumbedarf in Gebäuden erheblich gesenkt werden.
Die Erhöhung der Förderleistung eines Aufzuges bedeutet eine ziemliche Zeitersparnis für sehr viele Menschen. Denn Aufzüge befördern weltweit über eine Milliarde Menschen pro Tag, so heißt es. Durch die hohe Flexibilität des Aufzugs besteht nun auch in der Gebäudeplanung deutlich mehr Gestaltungsfreiheit. Auch sehr hohe Gebäude von einer Höhe über 1.000 m sind für das System, laut Herstellerangaben, kein Problem.
Im Falle eines Stromausfalls greift die Schienenführung des Systems und der Aufzug wird abgebremst. Trotzdem werden in einem Schacht Bremsversuche durchgeführt. Dabei kann es auch mal vorkommen, dass ein Aufzug mit seinen vollen 40 Tonnen 120 m tief fällt. Baukonstruktiv eine ziemliche Herausforderung für die Bodenplatte, die nach mehreren Berechnungen mit Stahlrohren ausgestattet wurde, die sich im Falle eines Absturzes verformen.
Ein Pendel in der Mitte des Turms hilft einerseits beim Ausgleich schwerer Winde, andererseits kann der Turm somit absichtlich in Schwingung versetzt werden, sodass die Aufzüge unter Extremverhältnissen getestet werden können.
Kleiner Fun Fact am Rande: Einmal im Jahr findet in dem Turm ein Towerrun statt. Hierbei laufen rund 1.000 Menschen alleine oder in zweier Teams die ganzen 1.390 Stufen bzw. 232 Höhenmeter nach oben.
Ursprünglich sollte der erste vertikal fahrende Aufzug in einem der neusten Wolkenkratzer Berlins - dem East Side Tower - eingebaut werden. Dieser wurde im Januar 2024 vom Projektentwickler an den Betreiber übergeben. Die Aufzüge wurden allerdings leider noch nicht verbaut.