Wandern auf einem Bergpfad und das auf Hamburgs altem Medienbunker?
May 26, 2024
In Hamburg wurde ein alter Kriegsbunker zu einem grünen Highlight inkl. Hotel und Dachgarten umgebaut, auf dem man sogar wandern kann. Zugegeben ist der Bunker nicht ganz so groß wie ein Berggipfel aber dafür nicht minder beeindruckend.
Während des Zweiten Weltkriegs wurde der Bunker ursprünglich erbaut, mit Flakgeschützen ausgestattet und diente dazu Hamburg vor Luftangriffen der Alliierten zu beschützen. Als nahezu unzerstörbarer Luftschutzbunker bot er bis zu 25.000 Menschen eine Zuflucht.
Später dann wurde er als Medienbunker Hamburgs berühmt, berüchtigt. Die erste Redaktion des Axel Springer Verlags verfasste von hieraus seine Texte und auch die erste Tagesschau sendete vom Medienbunker aus.
Nach etwa zehn Jahren Planungs- und Bauzeit für die Begrünung und die Aufstockung des unter Denkmal stehenden Bunkers am Heiligengeistfeld in Hamburg sind die Arbeiten nun abgeschlossen. Insgesamt sind dadurch rund 10.000 Quadratmeter zusätzliche Fläche entstanden. Das sind in etwa anderthalb Fußballfelder. Durch die Erweiterung um fünf neue Etagen hat sich die Höhe des Bunkers von ursprünglich 40 Metern auf nunmehr 58 Meter erhöht. Dieser Umbau erforderte eine ausgeklügelte Bauplanung und logistische Meisterleistung.
Momentan ist der 1. FC St. Pauli Hauptmieter des Bunkers. Ein Club, ein Radiosender, Studios und ein Fitnessstudio waren bisher in den bestehenden Räumen untergebracht.
Ab jetzt thront das Reverb by Hard Rock Hotel in den oberen Etagen des Bunkers. Mit seinen 134 Zimmer bietet es seinen Gästen einen wunderschönen Blick über die Hansestadt und ziemlich viel High Tech. Über intelligente Sprachassistenten in jedem Zimmer können Gäste Ausgehtipps abrufen, die Lichtstimmung im Zimmer regulieren, Playlists und Entertainment-Programme ansteuern oder frische Handtücher ordern.
Neben dem Hotelbetrieb sind fünf weitere Nutzungen geplant, die sowohl für Hotelgäste als auch für andere Besucher zugänglich sein werden:
Außerdem sollen Teile der neuen Etagen als Gedenkstätte für Opfer des NS-Regimes dienen.
Das Highlight des Projekts ist aber natürlich der begrünte Dachgarten und ein "Bergpfad" der sich an der Außenseite des Gebäudes entlang nach oben windet. Um diesen Pfad zu realisieren, wurden über 24 massive Stahlträger mit einem Gewicht von jeweils 5,5 Tonnen in den Bunkerwänden verankert. Der 10 Meter breite Wanderweg beginnt auf Straßenebene und schlängelt sich dann einmal um den Bunker herum bis zum obersten Level - eine Strecke von knapp 600 Metern. Von hier aus haben Besucher einen atemberaubenden Blick über die Stadt und können die grüne Oase auf dem Dach des Bunkers genießen.
Der Bergpfad und der Dachgarten tragen nicht nur zur Attraktivität des Bunkers bei, sondern dienen auch als Beitrag zur Biodiversität der Stadt. Entlang des Pfads wurden verschiedene Pflanzen und Lebensräume geschaffen, die dazu beitragen, die lokale Tier- und Pflanzenwelt zu fördern und die grüne Lunge der Stadt zu erweitern.
Jeder der bis zu 800 kg schweren Bäume, der für die Begrünung des Daches benötigt wurde, musste einzeln per Kran nach oben geliefert werden. Baulogistisch eine ziemliche Herausforderung. Die Lage des Bunkers in einer windigen Umgebung erfordert spezielle Vorkehrungen, um sicherzustellen, dass jeder Baum statisch gesichert ist, um starken Winden standzuhalten. Zusätzlich zur Windbelastung stellte die Wahl des richtigen Substrats für die Begrünung eine weitere Besonderheit dar. Statt gewöhnlicher Gartenerde wurden Lava und Kompost verwendet. Das spart einerseits Gewicht und sorgt zudem dafür, dass Wasser schnell abfließt und die Pflanzen optimal mit Nährstoffen versorgt werden.
Zur Bewässerung der Pflanzen wird größtenteils Regenwasser eingesetzt. Dieses wird über ein automatisch gesteuertes System verteilt und dosiert.
Während die Bäume zweifellos einen positiven Einfluss auf das Mikroklima der Stadt haben und den Bunker optisch zu einem absoluten Highlight machen, ist die Gesamtklimabilanz dieses Projekts eher mittelmäßig. Die Aufstockung der 5 Etagen in Betonbauweise und die damit verbundenen Emissionen weisen nicht gerade eine positive Klimabilanz auf.
Trotzdem ist es wichtig anzuerkennen, dass Projekte wie der Umbau des Hamburger Bunkers am Heiliggeistfeld einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung des Grünanteils und des Klimas in unmittelbarer Nähe leisten.
Bepflanzte Flächen heizen sich in den Sommermonaten deutlich weniger auf und durch den Verdunstungseffekt können bepflanzte Flächen dazu beitragen ihre Umgebung abzukühlen. Außerdem bilden Grünflächen Speicherpotenzial für die immer stärker werdenden Regenereignisse. Und von diesen gibt es in Hamburg ja bekanntlich eine Menge.
Die meisten Bereiche wie der Dachgarten sind öffentlich zugänglich und können kostenlos von Stadtbewohnern aber natürlich auch von Touristen begangen werden.
Der Umbau und die Begrünung des Bunkers wurden vollständig privat finanziert und kosteten insgesamt rund 60 Millionen Euro.
Über 180 Menschen aus 25 verschiedenen Gewerken waren an diesem Projekt beteiligt, von Architekten und Bauingenieuren bis hin zu Landschaftsgärtnern und Installateuren.
Die Verwandlung eines einstigen grauen Klotzes in ein lebendiges Bauwerk, das die lokale Gemeinschaft zusammenbringt und Raum für Kreativität und Austausch bietet, ist ein Schritt in die richtige Richtung für eine nachhaltigere, klimaangepasste und lebenswerte Stadt.