Der Quay Quarter Towers in Sydney gilt es als größtes Bauen im Bestand Projekt weltweit. In Melbourne soll der erste superhohe vertikale Garten der Welt gebaut werden: der Southbank by Beulah Tower.
March 31, 2024
Australien, der Kontinent im Südpazifik, fasziniert mit seiner atemberaubenden Natur, einer reichen Kultur und einem entspannten Lebensgefühl, das oft als "Down Under" bezeichnet wird. Menschen, die hier leben, sind bekannt für Ihre entspannte Haltung. Sie lieben es, das Leben im Freien zu genießen, sei es beim Surfen an den Küsten oder bei einem gemütlichen Barbecue mit Freunden. Doch wie viele Städte in Deutschland auch, stehen Sydney, Melbourne, Brisbane und Perth vor der Herausforderung einer wachsenden Bevölkerung bei gleichbleibender Fläche.
Wolkenkratzer verbrauchen zwar geringe Flächen, dafür aber Unmengen an Ressourcen. Das ist ein Problem, bei dem man bei aller Diskussion um den Platzmangel in Städten ins Gesicht sehen muss. Aber es gibt Lösungen.
Sydney ist die Hauptstadt von New South Wales und wohl die bekannteste, aber auch größte Stadt Australiens. Rund 5,3 Millionen Menschen leben hier. Prognosen zufolge wird die Bevölkerung bis 2050 auf 8 Millionen ansteigen. Es besteht also ein eindeutiger Bedarf an Immobilien – und vor allem an Hochhäusern. Skurrilerweise galt in Sydney lange Zeit eine Regel: Wolkenkratzer, die höher als 235 Meter werden sollen, wird es nicht geben! Heute liegt die Obergrenze für Gebäude bei 330 Metern.
1912 wurde dieses 14-stöckige Gebäude, das damals höchste Gebäude Sydneys, gebaut. Die für damalige Verhältnisse extreme Höhe versetzte die Stadt jedoch nicht in Euphorie, sondern eher in Panik. Die Feuerwehr befürchtete, dass sie im Falle einer Katastrophe die oberen Stockwerke nicht erreichen könnte.
Daraufhin erließ die Stadt 1912 den Height of Buildings Act, der den Bau aller neuen Gebäude auf 45 Meter, also etwa 13 Stockwerke, beschränkte. Dieses Gesetz wurde zwar bereits 1957 geändert, führte aber dazu, dass Sydney sich vor allem in die Fläche ausbreitete. Doch nun müssen neue Überlegungen her, denn Fläche ist begrenzt und die Lösung liegt eigentlich klar auf der Hand: Die Stadt muss in die Höhe wachsen.
Das erste Gebäude, das die 235 Meter Grenze knackte, war der Crown Tower im Jahr 2020. Es folgten viele weitere Projekte, die sich aktuell teilweise in der Planung oder im Bau befinden.
Allerdings sind viele dieser Wolkenkratzer nicht unbedingt nachhaltig. Hier in Australien gibt es jedoch zwei Ausnahmen. Es scheint also so, als hätten nicht nur wir Deutschen ein Problem damit Wolkenkratzer in unseren Städten zu akzeptieren.
Der Quay Quarter Tower fällt zwar mit seinen 206 Metern Höhe noch unter die 235 Meter Marke, gilt aber als eines der nachhaltigsten Gebäude der Welt.
Das liegt vor allem daran, dass es sich nicht um ein Neubauprojekt handelt. Ein bestehendes Bürohochhaus des Finanzunternehmens AMP wurde grundlegend umgebaut und aufgestockt, nicht neu gebaut. Große Teile der Tragstruktur wurden in den neuen Quay Quarter Tower integriert.
Zwei Drittel der Träger, Stützen und Geschossplatten sowie fast der komplette Kern blieben erhalten. Damit konnten im Vergleich zu einem Abbruchszenario fast 7.500 Tonnen CO2 eingespart werden. Man musste aber natürlich etwas am Gebäude arbeiten und so wurden Aufstockungen und eine Erweiterung des Gebäudesockels umgesetzt. Dadurch konnten insgesamt 50 Stockwerke und 45.000 Quadratmeter zusätzliche Geschossfläche geschaffen werden.
Die Umsetzung gilt als das weltweit größte Bauen im Bestand Projekt und gewann deshalb den internationalen Hochhauspreis 2022/2023, der in Frankfurt verliehen wurde.
Die vollflächig verglaste Fassade des Quay Quarter Towers ist zur Nordseite hin verdreht, was Raum für vier begrünte Außenterrassen schaffte. Außerdem kann durch die Verdrehung eine hohe Tageslichtausbeute und ein einmaliger Blick gewährleistet werden. Rahmen fungieren als außenliegender Sonnenschutz. Die selbstverschattende Fassade reduziert dadurch die Sonneneinstrahlung um bis zu 30 Prozent und macht innenliegende Jalousien überflüssig.
Innen sind mehrere Atrien verfügbar, die als Gemeinschafts-, Begegnungs- und erweiterte Arbeitsräume dienen, aber auch für Veranstaltungen genutzt werden. Die Flächen in den oberen Etagen sind vor allem als Büroflächen ausgelegt. Aber auch 4.000 Quadratmetern Einzelhandel findet sich in den ersten drei Ebenen wieder, sowie öffentlich zugängliche Grünflächen und ein Dachcafé.
Ein Problem wachsender Städte ist, dass mehr Bebauungen zu immer weniger Grünflächen führen. Dass diese Grünflächen aber zwingend erforderlich sind – einerseits zum Erhalt der Lebensqualität, andererseits für das Mikroklima, ist weitgehend bekannt.
Vor diesem Hintergrund wird derzeit in Melbourne eines der ehrgeizigsten und nachhaltigsten Wolkenkratzer-Projekte umgesetzt. Hier soll der erste superhohe vertikale Garten der Welt gebaut werden: der Southbank by Beulah Tower oder auch Green Spine.
Einer der beiden Türme soll der höchste Wolkenkratzer des Landes werden und 360 Meter übersteigen, der andere soll knapp 252 m hoch werden. In den beiden sich windenden Türmen sollen auf rund 165 Stockwerken ein Hotel, Gewerbeflächen, Wohnungen, Einzelhandelsflächen und ein neuer Kulturplatz untergebracht werden.
Die Southbank by Beulah Tower werden in einem ehemaligen Sumpfgebiet gebaut, deshalb ist eine besondere Lösung zur Gründung der Gebäude erforderlich. Betonwände mit einer Dicke von 1,2 bis 1,5 Metern werden eingesetzt. Hinzu kommt eine Bodenplatte, die etwa zwei Meter Dicke aufweist. Statisch besonders herausfordernd ist die gewundene Form der Gebäude.
Normalerweise werden Säulen direkt übereinander platziert, um die Lasten durch das Gebäude bis hinunter ins Fundament abzutragen. In diesem Fall muss jedoch jede Säule leicht versetzt zur Säule des unmittelbar darunter liegenden Stockwerks angeordnet sein. Erst dadurch kann die Verdrehung des Gebäudes erzeugt werden.
Grünflächen an Gebäuden kennen wir mittlerweile von mehreren Projekten, aber das Ausmaß der hier geplanten Begrünung ist ziemlich einzigartig. Über fünfeinhalb Kilometer vertikale Gärten und Sky Parks entstehen hier, die sich bis zu 365 Meter über dem Straßenniveau erstrecken. Um die richtigen Pflanzen auszuwählen hat ein internationales Team von Landschaftsarchitekten Windtests und Sonnenlichtanalysen durchgeführt. Jedes Gartenbeet wird zudem an ein autonomes Bewässerungssystem angeschlossen.
Hinzu kommt, dass die Glasfassade so konzipiert ist, dass sie ein ausgewogenes Verhältnis von Fenstern zu Wänden einhält. Dadurch wird automatisch eine Verschattung erzeugt, gleichzeitig aber Wärmeverluste reduziert.
Projekte wie der Quay Quarter Tower und das STH BNK by Beulah könnten die Art und Weise, wie unsere Städte denken, grundlegend verändern. Wir müssen in Zukunft versuchen, das Beste aus dem begrenzten Raum in unseren Städten zu machen und gleichzeitig darauf achten, dass wir unseren Ressourcenverbrauch im Griff haben . Eins ist klar: Die nächste Generation von Wolkenkratzern steht schon in den Startlöchern und wartet nur darauf, unsere Städte zu verändern.