August 3, 2024
Es wird immer heißer und, dass das ein Problem ist, wissen wir alle! Aber das Problem ist nicht nur, dass es draußen 30 Grad und mehr erreicht, sondern dass sich auch das Innere von Gebäuden ziemlich unangenehm aufheizt. Vor allem, wenn die Fassade eines Hauses aus nicht oder schlecht isoliertem Glas besteht, kann es schnell recht warm werden.
Manchmal fühlt es sich in Deutschland schon fast so an, wie in Südeuropa. Tatsächlich fühlt es sich nicht nur so an, es ist auch wahrhaftig so warm, wie in Italien oder Frankreich vor 50-100 Jahren. Eine Analyse von Klimadaten des Umweltbundesamts zeigt, dass sich die Temperaturen in vielen Regionen Deutschlands bereits verschoben haben. An Orten wie Hamburg, Düsseldorf oder Frankfurt herrschen heute klimatische Verhältnisse, die vor 50 Jahren 100 bis 600 km weiter im Südwesten herrschten. Man spricht in diesem Zusammenhang von sogenannten klimatischen Zwillingsstädten. So ist es heute in Hamburg etwa so warm wie in Köln vor rund 50 Jahren, in Karlsruhe wie in Lyon. Und mit dem voranschreitendem Klimawandel könnten in Brandenburg irgendwann Temperaturen wie in Nordspanien erreicht werden.
Nicht nur wir Menschen müssen uns an die klimatischen Bedingungen anpassen. Da wir über 90 % unserer Zeit in Gebäuden verbringen, müssen sich auch diese mit verändern. Hierbei ausschlaggebend ist die Gestaltung der Fassade, bei der ein Material definitiv der Liebling von Architekten zu seinen scheint: Glas!
Glas hat vor allem eine Eigenschaft: Es ist transparent. Und das ist ein Grund, warum es so häufig eingesetzt wird, denn in hellen Räumen fühlen wir uns wohler. Und beim Thema Wohlfühlen spielt Tageslicht eine sehr wichtige Rolle. Mehrere wissenschaftliche Untersuchungen haben mittlerweile ergeben, dass Tageslicht einen wesentlichen Beitrag zum Wohlbefinden und zur Gesundheit der Menschen beiträgt. Arbeiten wir in einem Gebäude, in dem wir uns wohlfühlen, in dem ein angenehmes Raumklima herrscht und in dem viel Tageslicht verfügbar ist, geht es uns insgesamt besser.
Gleichzeitig kann durch den Einsatz von Tageslicht Energie gespart werden, die sonst zur künstlichen Beleuchtung eines Raumes aufgewendet werden müsst. Doch was, wenn die Sonne mal so stark scheint, dass der hohe Lichteinfall eher stört, weil die Sonne blendet oder den Raum aufheizt? Dafür gibt es elektrochrome Gläser und genau solche werden zum Beispiel von der Firma Saint Gobain hergestellt.
Elektrochromes Glas verdunkelt sich bei Sonneneinstrahlung automatisch innerhalb von wenigen Minuten. Durch das Anlegen einer geringen elektrischen Spannung werden Lithiumionen zwischen den Schichten übertragen. Insgesamt können somit vier unterschiedliche Tönungsstufen erreicht werden - von komplett durchlässig bis dunkel.
Dadurch entfällt einerseits der außenliegende Sonnenschutz, was auf den Designaspekt der Gebäude einzahlt. Andererseits kann eine Menge Energie gespart werden, weil dunkle Scheiben weniger Sonne und Wärme durchlassen. Durch eine Schnittstelle zu Gebäudesteuerungssystemen können Echtzeit-Wetterdaten ausgelesen und die Tönung des Glases danach anpasst werden.
Außerdem entfällt die Wartung, die bei Jalousien oder anderen Sonnenschutzeinrichtungen oft erforderlich ist. Richtig innovativ sind Gläser, die sich selbst reinigen. Hierbei werden die Gläser mit Nanopartikeln aus beispielsweise Titanoxid beschichtet. Fällt Sonnenlicht auf diese Oberfläche, werden organische Verunreinigungen zersetzt. Das Glas wird zudem wasserabweisend ausgebildet. Dadurch wird der Dreck beim nächsten Regen einfach weggeschwemmt.
Ebenfalls wichtig ist es, Ressourcen zu schonen. Deshalb wird in Torgau auch Glas produziert, welches zu einem Großteil aus gesammeltes Glas, das schon einmal im Einsatz war, oder Recyclingglas aus der Produktion, besteht. Das ORAÉ Glas ist das erste Glas mit dem derzeit niedrigsten CO₂-Anteil auf dem Fassadenmarkt. Durch den Einsatz von 64 % recyceltem Glas können bis zu 42 % CO₂ eingespart werden. Dafür hat das ORAÉ Glas eine Cradle 2 Cradle – Platin Zertifizierung erhalten, die beschreibt, dass das Glas kreislauffähig ist. Außerdem ist es das erste Glas mit einer EPD.
EPD das steht für Environmental Product Declaration auf deutsch Umwelt-Produktdeklaration. Eine EPD dient dazu, die umweltrelevanten Eigenschaften eines bestimmten Produktes in Form von neutralen und objektiven Daten abzubilden und mit anderen Produkten zu vergleichbar zu machen.
Sand, Soda, Kalk und Recyclingglas oder anderes gesammeltes Glas wird zusammen mit Zusatzstoffen wieder aufgeschmolzen. Das Recyclingglas stammt dabei aus Verschnittresten aus der Isolierglasfertigung oder Altglas aus Abrissprojekten. Dies geschieht hier in einem Ofen bei ca. 1.300 – 1.600 °C. Auch hierbei wird darauf geachtet, dass keine Energie verloren geht. So wird die Wärmeenergie der Flammen in Regeneratoren zurückgewonnen. Die bei der Herstellung entstehenden Rauchgase können zur Stromerzeugung oder zum Heizen verwendet werden.
Die Glasschmelze wird im Anschluss auf ein flüssiges Zinnbad geleitet. Spezielle Rollen ziehen oder stauchen das Glas auf die gewünschte Dicke von 2 bis 19 mm und die Standardlänge von 6 m. In einem über 100 m langem Rollenkühlofen kühlt das Glas kontrolliert von 600 °C auf Raumtemperatur ab. Dieser Prozess darf nicht zu schnell geschehen, da sonst Spannungen im Glas entstehen. Final wird das Glas dann noch zugeschnitten und kontrolliert. Danach kann es abgestapelt und gelagert werden. Dies geschieht mittels spezieller Saugroboter und Hebeanlagen. Gelagert werden Gläser in eigens dafür vorgesehenen Glasgestellen.
Der Vorteil der Verwendung von bereits im Einsatz gewesenem Glas liegt einerseits darin, dass ein geringer Energieverbrauch nötig ist, als für das Aufschmelzen von Rohstoffen. Hierdurch können die initial erzeugten CO₂-Emissionen komplett vermieden werden. Außerdem büßt Glas bei Wiederverwendung keine Qualität ein.
Das ORAÉ-Glas kann zudem noch mit unterschiedlichen Sonnenschutzbeschichtungen versehen werden. So können Energieaufwendungen für z. B. Kühlleistungen reduziert werden. Wenn das Gebäude eine Nachhaltigkeitszertifizierung wie das der DGNB anstrebt, kann die Nutzung eines solchen Glases an der Fassade hilfreich sein.
Vor allem die Fassadenkonstruktion und die dort eingesetzten Materialien haben einen großen Einfluss auf die Nachhaltigkeit eines Gebäudes. Wird bereits bei der Erstellung von Baumaterialien darauf geachtet, dass Energie und Ressourcen schonend eingesetzt werden, hat das einen positiven Einfluss auf die Gesamtbilanz des Gebäudes. Um ein Gebäude als nachhaltig zu bezeichnen, zu können, ist immer der gesamte Lebenszyklus zu betrachten. Da im Gebäudebetrieb die meiste Energie durch Heizen oder Kühlen verbraucht wird, ist die Fassade ein ausschlaggebendes Element. Wird diese klug geplant und konstruiert, können solare Gewinne erzielt und dadurch Heizkosten gespart oder die Kühllast eines Gebäudes reduziert werden.
Das neuartige Glas findet Anwendung beim schwedischen Bürokomplex Habitat 7 in Göteborg, welches die Breeam Auszeichnung „Excellent“ erlangte. Auch Lidl Deutschland hat sich dafür entschieden, elektrochrome Gläser standardmäßig in den Fassaden zu verwenden.
"In Deutschland haben wir bereits über 260 Filialen mit elektrochromen Gläsern ausgestattet. Wir schützen damit die Kassenarbeitsplätze vor allzu starker Sonneneinstrahlung und vor allem vor Blendung. Weiterhin reduzieren wir so den Kühlaufwand im Sommer. Gleichzeitig ist es uns möglich maximales Tageslicht zu nutzen, da wir das Glas in Zonen tönen können. In Wangen beim Bau unserer Holzfiliale haben wir sehr stark auf nachhaltige Produkte gesetzt und daher das Oraé-Glas eingesetzt. Dadurch konnten rund 5 Tonnen CO₂ eingespart werden. "
- Lidl Deutschland
Und auch beim EDGE East Side, einem der höchsten Bürogebäude Berlins, wurde die Fassade mit dem Glas von Saint-Gobain errichtet.