Städte der Zukunft in Deutschland

Städte der Zukunft in Deutschland: Die Verbindung von Verkehr und Lebensraum

Städte der Zukunft in Deutschland: Die Verbindung von Verkehr und Lebensraum

Städte als Zukunftszentren: Kultur, Wirtschaft und Sozialleben im Fokus

London, Paris, Berlin - Städte sind Zentren des Handels, der Kultur, der Bildung und des sozialen Lebens.

Hier tummelt sich meist eine Vielzahl von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Lebensweisen. Große und namenhafte Unternehmen, Banken oder Softwarefirmen siedeln sich in Städten an und schaffen attraktive Arbeitsplätze. Gerade das macht Städte auch so aufregend und beliebt.

Die Urbanisierung ist seit dem neuen Jahrtausend zu einem anhaltenden und nicht zu stoppenden Megatrend geworden.

Immer mehr Menschen zieht es in die Stadt.

Bereits heute, und das ist so zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte, lebt die Mehrheit der Weltbevölkerung in Städten. Doch damit nicht genug. Man geht davon aus, dass bis 2050 voraussichtlich 80 Prozent der Menschheit in Städten leben werden. Doch ein Problem zeichnet sich durch diese Entwicklung immer deutlicher ab: Mangelnder Wohnraum und immer dichter bebauter Lebensraum.

Wohin also mit den ganzen Menschen? Und wie müssen sich unsere Städte entwickeln, damit sie auch in Zukunft lebenswert bleiben?

Eine Lösung für dieses Problem könnte nun zunächst etwas überraschen. Sie lautet: Mega - Brücken.

Brücken in Deutschland - Eine Bestandsaufnahme

Insgesamt weisen alle Brücken hierzulande eine Gesamtlänge von rund 2.100 km auf. Das entspricht in etwa der Strecke aus dem Norden Deutschlands bis in den Süden Italiens. Ziemlich viel Beton und Stahl also, der vor allem zur Überquerung von anderen Straßen oder Gewässern zum Einsatz kommt.

Aber seit neustem gibt es eine Bewegung, wonach Brücken deutlich mehr sein können als eine reine Überquerungsmöglichkeit und so einen positiven Beitrag zur Entwicklung einer Stadt und dem Wohnraummangel leisten.

Die beiden aufregendsten Entwürfe hierzu stammen diesmal nicht aus Berlin, sondern aus Düsseldorf und Frankfurt.

Es geht um die "Green Bridge Düsseldorf" und die Neuen Brücken Frankfurt. Wenn man eine längere Strecke auf Deutschlands Autobahnen zurücklegt, fällt einem eines unweigerlich ins Auge: Aktuell werden unfassbar viele Brücken saniert.

Laut dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr wurden viele Brücken im Zeitraum von 1965 bis 1985 gebaut und sind demnach nicht mehr wirklich top in Schuss.

So auch die Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf.

Sie wurde 1957 eröffnet, ist aber aufgrund des erhöhten Verkehrsaufkommens in den letzten Jahrzehnten immer stärker belastet. 2020 wurde sie sogar für LKWs über 300 Tonnen gesperrt, da sie im Jahr zuvor Spannungsüberschreitungen von über 70 Prozent aufwies. Die Brücke wird seit Jahren überwacht und hat bereits mehrere Risse gebildet. Deshalb soll sie bald saniert oder sogar neu gebaut werden.

Visionäre Stadtgestaltung: "Green Bridge Düsseldorf"

Quelle: RKW Architektur +

Das renommierte Architekturbüro RKW hat zusammen mit dem amerikanischen Maklerbüro Jones Lang LaSalle – auch JLL in einem gemeinsamen Entwurf dargestellt, wie die Brücke in Zukunft aussehen könnte.

Und jetzt kommt das Besondere: Der Entwurf sieht vor, die Brücke nicht einfach nur als Verbindungselement über den Rhein zu nutzen, vielmehr haben sich die Architekten Gedanken gemacht, wie man über die Funktion einer Brücke hinaus planen und so der Stadt und seinen Bewohnern etwas zurückgeben kann.

So ist ein 1,5 km langes multifunktionales Bauwerk entstanden, welches Platz für Wohn- und Geschäftsbereiche, ein Hotel, Restaurants, Büro-und Parkflächen bietet. Insgesamt sind 400 Wohneinheiten geplant. Um eine soziale Mischung zu erreichen, werden auch Sozialwohnungen und preisgedämpfter Wohnraum vorgesehen. Miniappartements oder luxuriöse Maisonettewohnung – es wäre für jeden etwas dabei.

Natürlich wird auch weiterhin die Möglichkeit bestehen, die Brücke zu befahren.

Anders als heute befindet sich die Fahrbahn jedoch im Inneren der Brücke. Eine Röhre bietet Platz für eine vierspurige Fahrbahn.

Darüberliegend sieht der Entwurf eine Parkfläche vor, die von Fußgängern und Radfahrern begangen und befahren, aber auch für Freizeitaktivitäten im Grünen genutzt werden kann. Hier soll es Spiel- und Grillplätze geben, Platz für Urban Farming und Urban Gardening Projekte und Orte, die den Düsseldorfern Ruhe und Entspannung bieten könnten.

Die Nachhaltigkeit der Stadt Düsseldorf zu fördern ist ein zentrales Ziel des Projektes. 

So könnte das Bauwerk nicht nur die neue grüne Lunge der Stadt werden, auch zur Energieversorgung hat man sich im design.lab Gedanken gemacht. Im Mittelteil der Brücke sind Turbinen untergebracht. Sie wandeln den Wind, der durch die natürlich entstandene Schneise des Flusses pfeift, in Energie um. Auch Photovoltaikanlagen erzeugen Strom und sind in den oberen Tragstrukturen der Brücke untergebracht.

   

Das Skurrile an dem Entwurf ist, dass er überhaupt nicht in Auftrag gegeben wurde. RKW und JLL haben die Brücke auf den Aufruf zum Dialog der Rheinischen Post hin konzipiert. Trotzdem ist die Entscheidung, ob oder wie eine Modernisierung der Brücke in Realität aussehen wird, noch ausstehend.

Und wie immer gibt es trotz des visionären Entwurfs kritische Stimmen. Das liegt vor allem an den Randbedingungen des Projekts. Die Bauzeit wird momentan mit drei bis vier Jahren angegeben. Die Kosten werden auf ca. 700 Mio. Euro geschätzt.

Das Projekt “Neue Brücken” in Frankfurt

Eine ganz ähnliches Projekt wird derzeit an einem anderen Ort geplant:

Frankfurt, eine Stadt, die immer wieder als hässlichste Stadt Deutschlands betitelt wird, ist ebenso für ihre dynamische Wirtschaft, ihre Skyline und ihren kulturellen Reichtum bekannt. Deshalb wächst die Bevölkerung, wie in vielen anderen Städten, unaufhörlich.

Mit dem ständigen Zuwachs an Einwohner:innen und Unternehmen steigt der Bedarf an zusätzlichem Wohnraum und einer effizienten Verkehrsinfrastruktur. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, hat die Stiftung „Altes Neuland Frankfurt“ einen sehr ambitionierten Vorschlag zur Stadtgestaltung gemacht, der wohl polarisiert, aber auch inspiriert.

Die Stiftung schlägt vor, eine zweite Ebene in Frankfurt zu bauen. Oben findet das städtische Leben statt, während unten der Verkehr fließt. Ein zentrales Ziel des Projekts „Neue Brücken“ ist es, die Verkehrsbelastung in der Frankfurter Innenstadt zu verringern. Derzeit sind viele Brücken stark frequentiert, was zu Staus und Verzögerungen führt. Hinzu kommt, dass auch hier viele Brücken baufällig sind. Laut der Frankfurter Rundschau bröckeln zehn Brücken bereits so stark, dass sie mit Hilfskonstruktionen gestützt und schleunigst saniert werden müssen.

Durch den Bau neuer Brücken wird der Verkehr auf eine größere Fläche verteilt, was zu einem besseren Verkehrsfluss und verkürzten Fahrzeiten führen soll.

Doch die neuen Brücken werden nicht nur für den Autoverkehr, sondern auch für Fußgänger, Radfahrer und den öffentlichen Nahverkehr zugänglich sein. Es werden separate Spuren und Gehwege für verschiedene Verkehrsteilnehmer geschaffen, um für mehr Sicherheit und Bequemlichkeit zu sorgen. Auf den Brücken könnte das größte autonom fahrende Transportsystem der Welt entstehen.

Genau wie beim Entwurf zur Theodor-Heuss-Brücke in Düsseldorf gehen die Pläne der zivilen Initiative, bestehend aus Studierenden, Professor:innen, Architektur- und Ingenieurbüros über die bloße Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur hinaus. Er wurde auf dem S-O-U-P The Urban Future Festival 2023 erstmals vorgestellt und zeigt eine Vision für die Gestaltung der Brücken, zur Schaffung von Wohnraum und Grünflächen.

Auf den Brücken sollen Wohngebäude entstehen, die architektonisch ansprechend gestaltet sind und den Bewohnern einen atemberaubenden Blick auf die Skyline von Frankfurt oder den Main bieten. Auf einer Fläche von rund 1,15 Millionen Quadratmeter könnte auf diese Weise Wohnraum für über 35.000 Menschen geschaffen werden.

Darüber hinaus werden Grünflächen auf den Brücken geschaffen, um das Stadtbild aufzuwerten und die Lebensqualität der Bewohner zu verbessern. Diese Grünflächen bieten Möglichkeiten für Erholung, Freizeitaktivitäten und Gemeinschaftsinteraktionen. Bäume, Blumenbeete, Spielplätze und Sitzgelegenheiten werden eine grüne Oase inmitten des städtischen Trubels schaffen und den Frankfurtern eine angenehme Umgebung bieten.

Und auch ein Energiekonzept liegt schon vor. 

Regenwasser kann auf den Brücken aufgefangen und sinnvoll geleitet und genutzt werden. In die Brückenpfeiler könnten Erdwärmesonden integriert werden. Außerdem ist die Nutzung von Sonnenergie und Abwärme von z.B. Rechenzentren vorgesehen. Angeblich lassen sich so laut Berechnungen jährlich 415 Gigawattstunden Strom erzeugen, was der Menge von etwa 40 modernen Windrädern entspricht.

Und was sagen die Frankfurter zu diesem visionären Konzept?

Sicherlich ist der Entwurf mehr als ambitioniert und es gäbe etliche Herausforderungen zu meistern. Die prognostizierten Kosten von rund 30 Milliarden Euro sprechen wohl eine sehr deutliche Sprache.

Trotzdem wird bereits in Politik und Gesellschaft über die verschiedenen Optionen der Zukunft von Frankfurt gesprochen. Die Stadt hat hierzu breite öffentliche Diskussionen und Konsultationen eingeleitet, um die Bedürfnisse und Anliegen der Bürger:innen zu berücksichtigen.

Die Projektinitiatoren sind sich auf jeden Fall sicher, dass sich ihr Konzept der neuen Stadt auf andere Orte übertragen lassen würde und haben für Shanghai und  L.A. weitere Stadtkonzepte entwickelt.

Auch wenn das Konzept auf Brücken zu wohnen nicht wirklich neu ist, so könnte diese Entwicklung dennoch eine massive Auswirkung auf die Zukunft unserer Städte haben.

Egal ob durch solche Mega Brücken, durch den vermehrten Bau von Hochhäusern, die Schaffung von mehr Grünflächen oder die Begrünung von Gebäuden - klar ist, dass sich unsere Städte und die Art und Weise, wie wir in Zukunft leben, verändern werden.