Philipp Pausder (rechts) mit DIGITALWERK-Gründer und Podcast-Gastgeber Michél-Philipp Maruhn
April 12, 2022
Philipp Pausder wohnt mit seiner Frau, Verena Pausder, und seinen Kindern in Berlin. Im Jahr 2013 hat er zusammen mit seinem Mitgründer Florian Tetzlaff Thermondo gegründet. Basierend auf den Erfahrungen vorheriger Unternehmungen haben sie einfache Hypothesen für den Energiesektor abgeleitet,die sie mit Thermondo lösen. Vor Thermondo hat Philipp bereits ein Unternehmen aufgebaut,mit dem er internationale Unternehmen jeder Größe beraten hat und welches zu seiner globalen Perspektive auf Problemstellungen beigetragen hat. Insbesondere nach dem Supergau in Japan, Fukushima oder auch in warmen Ländern Afrikas hat Philipp beobachtet, dass dezentrale Energiequellen genutzt werden, um Energie zu gewinnen. Diese Ansätze hat er sodann nach Deutschland gebracht und erkannt, dass die Energiewende vor allem auf der Ebene von privaten Haushalten stattfindet. Insbesondere Eigentümer von Einfamilienhäusern bilden die Zielgruppe von Thermondo ab, denn jedes Haus hat eine Heizung. Diese Heizungen werden von Thermondo durch nachhaltige Heizungen ersetzt. Die Thermondo Heizungen werden nämlich nicht wie herkömmlich mit Heizöl betrieben,sondern mit Erdwärme als nachhaltige Alternative. Zu den Dienstleistungen gehören die softwaregestützte Planung, effiziente Finanzierung und der transparente Ausbau der alten Heizungen und der Einbau der neuen Heizung.
Mit diesem nachhaltigen Ansatz war Thermondo im Jahr 2013 der erste Anbieter, der sich der Transformation der Energiegewinnung annahm und somit anderen Marktteilnehmern weit voraus war. Die Konkurrenz begriff erst mit Erlass des Klimagesetzes zur Erreichung der Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 vor zwei Jahren, dass an alternativen Lösungen für die Energie- und Wärmegewinnung gearbeitet werden muss, da diese ein elementares Kernsegment abbildet. Insgesamt wurden bis dato ca. 29.000 Heizungen von Thermondo installiert, von denen 600 bereits im ersten vollen Geschäftsjahr 2014 verbaut wurden und das Unternehmen dadurch zum größten „Player“ Deutschland wurde.
„Wir waren in den Jahren 2013 bis 2016 das schnellste Wachstumsunternehmen Deutschlands und das zweitschnellste in Europa gemäß eines Top Rankings. Wir hatten also über die Jahre hinweg ein extremes Wachstum und in Europa eigentlich gar keine Peers. Wir waren wirklich die Ersten.“
Prominente Investoren wie der Energiekonzern Eon, der Risikokapitalgeber HV Capital, Rocket Internet, Business Angels von Vorwerk haben Thermondo von der ersten Stunde an finanziell unterstützt und investiert.Im letzten Jahr kam nun ein weiterer großer Gesellschafter, Brooke Field, eines der größten Asset Management Unternehmen weltweit, dazu. Mit diesen Infrastrukturinvestoren konnten sich Philipp und sein Mitgründer von Anfang an glücklich schätzen, denn ihre gemeinsame langfristige Perspektive, das notwendige Kapital der Venture Capital Investoren sowie das sogenannte „smart capital“ und die Marktverständnis von Eon als Investor gab ihnen die Möglichkeit ihre Vision schrittweise Wirklichkeit werden zu lassen, ohne den Druck eines Exit Szenarios zu verspüren. Durch die Erweiterung ihres Geschäftsmodells mit mietbaren Heizungen in 2016 erreichte Thermondo wiederkehrende Cashflows. Kunden müssen die Heizungen somit nicht mehr selbst kaufen, sondern mieten diese monatlich und tragen kein Betriebsrisiko. Dies ermöglicht einer breiteren Zielgruppe den Zugang zu nachhaltigen Heizungen, fördert die Inklusion und reduziert Barrieren für Hauseigentümer.
In jedem Land gibt es vier Arten des Energieverbrauchs: Industrie- und Prozesswärme, Stromproduktion, Mobilität und Wärme in Privathaushalten. In Deutschland sind alle vier Segmente ungefähr gleich groß und machen ca. 25 Prozent des Primärenergieverbauchs aus. Als stark ausgeprägtes Industrieland wird durch die Produktion von Stahl und Aluminium und die Automobilindustrie zwar sehr viel Industrie- und Prozesswärme verbraucht, private Haushalte verbrauchen jedoch ca. gleich viel Energie durch die Beheizung mithilfe von Heizungen. Zur Energiewende müssen daher alle vier Segmente gleich ausgeprägt transformiert werden. Nachhaltige Stromerzeugung durch Windmühlen oder elektronische Fahrzeuge als nachhaltige Fahrmöglichkeit sind nur einige der notwendigen Lösungen.
Das Kernsegment von Thermondo, der Wärmeherstellung von privaten Haushalten, gehört zu dem Gebäudesektor. Für jeden einzelnen Sektor wurden bestimmte Pfade im Klimagesetz Deutschlands festgelegt, die den Fortschritt zur Klimaneutralität und Reduzierung von CO2 Emission darlegen. Wenn die Ziele eines Pfades nicht erreicht werden, müssen diese korrigiert und dokumentiert werden. Der einzige Weg, den Philipp zur Erreichung der Klimaneutralität im Gebäudesektor für möglich hält, ist das Beheizen mit Strom. Obwohl Deutschland eine hohe erneuerbare Quote im Strom hat, ist der Strommix in Deutschland aufgrund des Atomverzichts und des hohen Kohleanteils sehr dreckig und sogar einer der dreckigsten Europas. In Ländern wie Schweden oder Frankreich, die zur Erzeugung von Strom auf CO2-neutrale Atomanteile zurückgreifen, ist der Strommix deutlich sauberer und CO2-ärmer. Philipp erzählt jedoch im DIGITALWERK Podcast, dass darauf vertraut werden muss, dass die Stromproduktion langfristig grün wird und es Deutschland gelingt, grünen Strom massenhaft herzustellen.
„In unserem Kernsegment kann ich, wenn ich mit Strom heize, perspektivisch CO2-neutral heizen. Die Lösung dafür ist eine Wärmepumpe. Davon gibt es in Deutschland ungefähr 1 Million. Deutschland hat aktuell 16 Millionen Einfamilienhäuser. Wir brauchen also noch bis zu 15 Millionen Pumpen.“
Der existente Markt von Thermondo umfasst 70.000 Einheiten, bei denen klassische Gasheizungen mit fossilen Brennstoffen durch nachhaltige Beheizung durch Wärmepumpe ersetzt wurden. Um das Klimaziel bis 2045 zu erreichen, wird allerdings eine viel höhere Rate benötigt. Philipp geht eher von einer Größenordnung von 300.000 bis 500.000 aus, die für diesen Zeithorizont benötigt wird. Außerdem müssen Wärmepumpen skalierungsfähig gemacht werden, auch wenn eine Skalierung nicht mit einem Softwareprodukt verglichen werden kann. Doch genau das findet Philipp auch toll an dem Geschäftsmodell von Thermondo. Es wird immer, auch in der entfernten Zukunft, Menschen mit einbeziehen. Und diese Menschen sind Handwerker, die zwar nicht so effizient sind wie Systeme, aber die durch ihre Erfahrungen und Ausbildungen Entscheidungen treffen können, dies ich nicht automatisieren lassen.
Ungefähr 25 bis 30 Prozent der Zielgruppe von Thermondo entscheidet sich proaktiv aus Umweltbewusstseinsgründen für eine nachhaltige Heizung zur Miete. Philipp ist jedoch realistisch und weiß, dass der Rest der Zielgruppe solche Entscheidungen nicht nur aus der Liebe zur Natur und Umwelt fällt, sondern auch auf der Basis der finanziellen Möglichkeiten und Fähigkeiten. Verlassen tut er sich daher nicht auf die eigenständigen Entscheidungen der Privatkunden. Positiv wirken sich hierbei jedoch die stark verwurzelten Werte Selbstständigkeit und Naturverbundenheit der Deutschen aus, die zur Entscheidungsfreude beitragen. Durch den Russland-Ukraine Krieg hat sich zudem eine erhöhte Anzahl von proaktiven Privatkunden bei Thermondo bemerkbar gemacht, die nicht mehr auf die Gasimporte Russlands zurückgreifen wollten. In Europa stammt nämlich 40 Prozent des Erdgases von Importen aus Russland, welche im gleichen Anteil für das Heizen eingesetzt werden. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass durch die nachhaltige und alternative Heizlösung mit Wärmepumpen eine Unabhängigkeit von Russland erreicht werden könnte.
Im Energiesektor ist es nicht unbedingt die verschleppte Digitalisierung, die den Ausbau des Geschäftsmodells verlangsamt. Vielmehr gibtes regulatorische Herausforderungen, die ein Hindernis auf dem Weg zur Klimaneutralität Deutschlands darstellen. Der Energiemarkt ist typischerweise sehr stark reguliert – das Segment Heizung hingegen jedoch nicht. Dennoch ist der häufigste Grund, weswegen Thermondo Heizungen in Deutschland oft nicht verbautwerden können, die fehlende Möglichkeit auf den Grundstücken genügend Abstand zum Nachbargrundstück für die Abschirmung des Pumpgeräuschs der Wärmepumpe einzuhalten. Zwar ist der benötigte Abstand eher klein, aber führt häufig genug dazu, dass es zu keinem Einbau kommt. An diesem Beispiel wird deutlich, dass in Deutschland bei der Umsetzung von Klimazielen oftmals abdingbare Gegebenheiten wie Lärmschutz über dem Klimaschutz stehen und die Ausführung der dringend notwendigen Veränderungen nicht vorgenommen werden kann. Das muss sich in den nächsten Jahren ändern. Philipp ist positiv und erzählt im DIGITALWERK Podcast, dass er Politiker wie Robert Habeck, die die gesetzlichen Leitpfade ernstnehmen und Aktionsplänen folgen, schätzt und ihnen vertraut.
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