Andreas Wende (Founder & CEO in der Arena Gruppe) und Michél-Philipp Maruhn (Host & Founder DIGITALWERK)
May 2, 2023
Wo liegt eigentlich Meppen? Die Geschichte von Andreas Wende beginnt in Niedersachsen, als Junge vom Land. In der rund 35.000 Einwohnerinnen und Einwohner starken Gemeinde im Landkreis Emsland aufgewachsen, zog er aus, um schnellen Autos nachzujagen und anschließend beim größten Telekommunikationsunternehmen Europas, der Deutschen Telekom, als kaufmännischer Leiter für Norddeutschland einzusteigen. In diesen zwölf Jahren entdeckte er über viele Umwege seine Liebe zu Immobilien. Andreas Wende ist kein Freund von Routine, von ständigen Wiederholungen und immer gleichen Tagesabläufen.
Wenn es zu einfach wird, wird es langweilig. Er braucht eine Chance zum Scheitern.
Bei der Telekom hat Andreas Wende gelernt, Verantwortung zu übernehmen und ein Team zu führen. Zu diesem Zeitpunkt war er ein junger Mann, Ende Zwanzig. 2008 kaufte STRABAG SE die Facility Management-Tochter der Deutschen Telekom. Die Deutsche Telekom Immobilien und Service GmbH verzeichnete 2007 ein Umsatzvolumen von rund einer Milliarde Euro. Dahinter standen seinerzeit zirka 6.240 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Andreas Wende hat diesen komplexen Deal und begleitete Change-Prozesse eingeleitet. Sein Credo: Entwicklung ist nur durch Veränderung möglich. Zu sehen, wie sich Organisationen, wie sich Teams und Menschen entwickeln, über sich hinauswachsen, bereitet ihm noch heute Freude. Er hat damals die Möglichkeit bekommen, in die Deutsche Telekom Immobilien und Service GmbH zu wechseln und die Chance ergriffen. Bereut hat er diese Entscheidung nie.
Wo wollen wir hin? zählt zu den zentralen Fragen innerhalb des Konzerns.
Auf dem Weg zum Ziel sind Fehler erlaubt. Nur das Ziel darf nicht aus den Augen verloren werden. Dieser Grundsatz hat Andreas Wende letztlich auch dazu motiviert, sich intensiv mit Start-ups auseinanderzusetzen.
Am Tag der Lehman Brothers Pleite, am 15. September 2008, hat Andreas Wende einen neuen Arbeitsvertrag beim international tätigen Beratungsunternehmen für Immobilien Jones Lang LaSalle, besser bekannt als JLL, unterschrieben. Er saß mit Christian Ulbrich in Paris und wurde von den Ereignissen überrollt. Vor ihm stand die Aufgabe, ein Unternehmen weiter mitaufzubauen, inmitten einer der größten internationalen Finanzkrisen, die es in der Geschichte jemals gegeben hat.
Veränderungen zu leben, bedeutet auch immer ein Risiko einzugehen, die Komfort-Zone zu verlassen. Andreas Wende war fünf Jahre bei JLL, als er schließlich ein Angebot von einem Wettbewerber bekam. Er nahm es an, begleitete wieder den Aufbau einer Firma. In seinen Mitt-Vierzigern stand für ihn letztlich fest: Jetzt ist der Zeitpunkt, mehr an die Start-ups zu denken.
Von Start-ups lernen heißt, tradierte Sichtweisen in Frage zu stellen. Andreas Wende lernte wunderbare Menschen kennen und investierte in verschiedene kleine Firmen. Ausgelastet hat ihn das nicht. Er wollte weiter selber mit Kunden arbeiten. also wurde er geschäftsführender Gesellschafter bei NAI Apollo. Das Unternehmen aus Frankfurt bietet Beratungen in allen immobilienwirtschaftlichen Angelegenheiten an.
„Das hat riesen Spaß gemacht, noch unternehmerischer zu sein, deutlich unternehmerischer. Und dann kam Corona. Wir haben es geschafft, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Bord zu halten, den Umsatz auszubauen, Geld zu verdienen. Das war toll. Doch Corona hat auch mich verändert.“
Für ein Meeting mit Kunden, mal eben nach London oder Los Angeles zu fliegen, habe er nicht mehr nötig. Selbst das Pendeln von Hamburg in andere deutsche Großstädte habe für ihn keine Priorität mehr. Corona hat ihm gezeigt, dass es auch gar nicht mehr nötig ist, zumindest nicht in der Kundenakquise und -betreuung.
Von einem Geschäftsführer hingegen werde es erwartet, für das Team ansprechbar zu sein – und zwar nicht nur auf digitalem Weg. Andreas Wende hat angefangen, zwei Nachfolgerinnen zu finden und diese auf ihrem Weg in die Geschäftsführung zu begleiten. Parallel dazu hat er die Arena-Gruppe aufgebaut. Dort ist er weiterhin Geschäftsführer.
Menschen faszinieren ihn. Er möchte verstehen, was sie antreibt, was sie motiviert? Gibt es ein Brennen für die Sache, für die Aufgabe, für ein Produkt? Potenziale sieht er in denjenigen, die leidenschaftlich handeln, die keine Angst haben, vor Kunden, vor Kolleginnen und Kollegen, vor Immobilien. Und das alles muss sichtbar sein, in leuchtenden Augen.
In den Augen von Andreas Wende brennt die Veränderung. Veränderung in Organisationen, in Menschen zu sehen, das Lächeln eines Kunden zu erleben, wenn dieser merkt, dass sein Berater für ihn da ist, an seiner Seite steht. Sein Antrieb ist die Identifikation mit dem Produkt, mit dem Menschen, mit dem Team. Wer gut sein will, braucht Emotionen.
Diese Leidenschaft, das Herzblut, die Liebe bemerkt Andreas Wende immer wieder in der Start-up-Szene. Gerade in Deutschland gäbe es immer wieder bemerkenswerte und faszinierende Ausgründungen mit vorbildlicher Entwicklung. Zu ihnen gehört auch die Firma Allthings, die sich als offene Integrations - und Orchestrierungsplattform für eine Vielzahl von digitalen Lösungen für die Immobilienbranche einen Namen gemacht hat.
Andreas Wende ist an allen Themen interessiert, die in die Immobilienbranche drängen: Von der Kommunikation mit Kunden oder Mietern bis zu KI-basierten Technologien und anderen Digitalisierungstrends. Wenn ihn ein Thema begeistert, sieht er ein Investment-Potenzial – finanziell wie emotional. Entscheidend ist die hohe Identifikation mit einem Thema. Ist diese vorhanden, dann ist er bereit, dafür Tag und Nacht zu arbeiten.
Nicht jedes Investment ist ein Volltreffer. Etwa 20 Prozent der Start-ups, die Andreas Wende unterstützt hat, sind in der Vergangenheit mit ihren Ideen und Ansätzen gescheitert. Und wenn es bis Ende des Jahres dabei bleibt, sei dies ein guter Turn. Zahlreiche Jungunternehmen durchleben derzeit eine schwierige Phase aufgrund wackliger Refinanzierungen. ESG- und weitere Nachhaltigkeitsaspekte binden Manpower, so viel, dass anderen wichtigen Themenfelder wie der Digitalisierung weniger Aufmerksamkeit geschenkt werden. Hier seien die Miteigentümer und Investoren als Stützen gefragt.
Das nächste Thema werde das Thema KI sein. Die Erprobungsphase ist vorbei. Nun geht es darum, wie KI operativ im Tagesgeschäft eingesetzt wird. Im Immobilien-Segment ist ein Einsatz in der Wartung, Instandhaltung und dem allgemeinen Management durchaus denkbar. Dies meint auch die Organisation von Häusern.
„Warum nicht bereit sein, etwas auszuprobieren? Es ist okay, wenn man feststellt, dass es ein Fehler war. Mutig ist auch, mal falsch abzubiegen. Das größte Risiko, das die meisten Start-ups haben, ist, dass sie nicht in ein Dauergeschäft reinkommen, sondern letztendlich im Projektgeschäft stehen bleiben.“
Aktuell befinde sich der Markt in einer Phase der Bereinigung und Konsolidierung. Investoren sind noch nicht bereit, die Preise, die für die Bewertung von Unternehmen aufgerufen wurden, zu zahlen. Sie fordern einen deutlichen Discount. Reibereien zwischen Startups und Investoren sind vorprogrammiert. Altgesellschafter haben ein Riesenproblem mit der Verwässerung des Wissens: Wie viel haben sie investiert? Wie viel war die Firma mal virtuell wert? Und wie viel sie heute wert? Dies betrifft ebenso Immobilienthemen. Eine Immobilie, die vor zwei Jahren in Berlin für das 40-fache ihres Wertes angeboten wurde, erzielt längst nicht mehr den entsprechenden Kurs.
Für Andreas Wende stellt sich die Frage: Wie kann ich Kapital, sei es in Immobilien oder Unternehmen, auch anders investieren? Bei einem dauerhaften Zinssatz von drei bis 3,5 %, wird sich ein deutlicher Discount gegenüber vor zwei Jahren in Bezug auf Werte von Immobilien, aber auch von Unternehmen ergeben. Diese Situation müsse jedem bewusst werden. Aussagen, dass ab Sommer alles besser werde, nimmt er nicht ernst. Er geht davon aus, dass der Zins bleibt. Der Konflikt: Der gleiche Verkäufer will immer noch einen hohen Preis haben.
Ist eine Büroimmobilie noch genauso sicher, wie sie es vor zehn Jahren, vor fünf Jahren oder vor zwei Jahren war? Wird sie noch genauso genutzt? Arbeitswelten wandeln sich spätestens seit Corona brutal. Und die Environmental Social Governance führt dazu, dass sich Immobilien- und Unternehmensentscheidungen komplett verändern. Hinzu kommen politisch definierte Regularien, die festlegen, wie Immobilien gebaut werden. Das System sorge dafür, dass nicht immer die besten Immobilien gebaut werden.
„Die Arbeitsstätten-Richtlinie ist ein Hemmnis für die zukünftige Entwicklung von Deutschland. Das muss uns ganz bewusst sein. Ansonsten bauen wir immer noch die gleichen Immobilien, wie vor 20 Jahren, nur ein bisschen netter, was die Architektur angeht.“
Andreas Wende ist sich sicher: Veränderungen werden kommen. Sei es die Vier-Tage-Woche in der Arbeitswelt, die letztlich auch Auswirkungen auf Büro-Immobilien hat, oder der Wunsch von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, 50 % ihrer Arbeitszeit remote zu verbringen. Die Arbeitsformen der Unternehmen verändern sich massiv. Dies hat Auswirkungen darauf, wie die Unternehmen zukünftig ihre Büros wahrnehmen und welche Qualitäten diese haben werden.
Letztlich führt dies auch dazu, dass sich die Städte dann auch komplett verändern. Die Innenstädte, die Gastronomie und Einkaufsmeilen werden darunter leiden. Es reiche nicht, Tischtennisplatten aufzustellen und zu sagen, jetzt müssen alle Tischtennis auf der Friedrichstraße spielen. Stadtentwicklung muss konzeptionell neu gedacht werden. Denn Veränderung gelinge nur durch Mitnehmen, indem die Menschen für ein Thema gewonnen werden – eine der Stärken von Andreas Wende.
- Warum Andreas Wende immer wieder seine Komfort-Zone verlässt (00:03:36)
- Wie Corona alles verändert hat (00:13:29)
- Warum die Baubranche in der Konsolidierungsphase steckt (00:30:54)
- Wie Regularien die Immobilienentwicklung blockieren (00:34:16)
- Warum Stadtentwicklung mehr ist als eine Tischtennisplatte (00:36:06)
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