Felix Kusch (CEO, Immowelt) und Michél-Philipp Maruhn (Host & Founder DIGITALWERK)
August 15, 2023
Immowelt wurde 1991 gegründet, lange bevor Giganten wie Google, Amazon oder Facebook das Licht der digitalen Welt erblickten. Ursprünglich als Softwareunternehmen ins Leben gerufen, konzentrierten sich die Gründer auf die Digitalisierung des Makler-Workflows. Aus dieser Idee entwickelte sich schließlich die heute bekannte Plattform, auf der Menschen Immobilien kaufen, verkaufen und mieten können. Felix Kusch, CEO von Immowelt betont, wie sich das Unternehmen im Laufe der Zeit vom ursprünglichen Softwaregeschäft hin zu einem bedeutenden Immobilienmarktplatz entwickelt hat.
Felix’ akademische Reise begann an der University of Oxford, wo er von 2006 bis 2009 Philosophie, Politik und Volkswirtschaftslehre studierte. Anschließend setzte er seine Ausbildung an der UCL fort, wo er 2009 bis 2010 einen Master in Wirtschaftswissenschaften absolvierte.
Nach seinem Studium verschlug es ihn in die Welt der Unternehmensberatung und später zu Axel Springer, dem renommierten Medienkonzern. In diesen Positionen konnte er tiefe Einblicke in analytische Prozesse und die Geschäftswelt gewinnen.
Die Entscheidung, in die Immobilienbranche einzutauchen, wurde durch die Verbindung der Aviv Group mit Axel Springer beeinflusst. Diese führte zu einer neuen Position und öffnete die Tür zu einer aufregenden Herausforderung. Felix wurde CEO von Immowelt und fand sich in einer motivierenden Rolle wieder, in der er die Branche auf eine neue Ebene der Digitalisierung und Professionalisierung heben kann.
Der Immobilienmarkt ist ein komplexes und facettenreiches Feld, das ständigem Wandel unterliegt. Felix Kusch hebt hervor, dass die Immobilienbranche im Vergleich zu anderen Sektoren immer noch unterdigitalisiert und fragmentiert ist. Dies schafft Chancen für Innovationen und Wachstum. Die Intransparenz des Marktes und die traditionellen Arbeitsweisen der Makler:innen tragen dazu bei, dass es noch viel Potenzial für Verbesserungen gibt.
"Der Immobilienmarkt ist ja jetzt, wenn du es mit anderen Märkten vergleichst, keine Ahnung, E-Commerce Klamotten kaufen online, extrem unterdigitalisiert und auch sehr fragmentiert. In manchen Ecken würde ich auch sagen, unterprofessionalisiert."
– Felix Kusch
Die Gründung einer starken Marke ist entscheidend, insbesondere in einem Markt wie dem der Immobilienbranche. Felix Kusch erklärt, dass die Immowelt-Gruppe sowohl organisch wächst als auch gezielt in neue Märkte expandiert. Diese Expansion erfordert nicht nur die Implementierung von Plattformtechnologie, sondern auch die Schaffung einer starken Markenpräsenz, um mit den etablierten Akteur:innen in diesen neuen Märkten zu konkurrieren.
"Die Immobilien Marktplätze leben ähnlich wie du es jetzt aus dem E-Commerce kennst, von Zalando oder anderen (...). Die leben von einer sehr starken Marke und einer sehr starken Markenpräsenz. Und das ist schwer, so was organisch aufzubauen."
– Felix Kusch
Ein Schwerpunkt des Gesprächs liegt auf der Bedeutung von Trendanalysen in der Immobilienbranche. Immowelt sammelt umfassende Daten, um Entwicklungen auf dem Markt vorherzusagen und die Kund:innen besser zu unterstützen. Felix Kusch betont die Rolle von Immowelt als Vermittler zwischen Angebot und Nachfrage, wobei die Plattform den Kund:innen hilft, bessere und informierte Entscheidungen zu treffen.
Ein weiteres Thema ist die Verlagerung der Nachfrage von den städtischen Zentren in die umliegenden Gebiete. Felix Kusch erklärt, dass dies aufgrund der hohen Immobilienpreise in den Ballungszentren für viele Familien attraktiv ist. Dennoch gibt es laut Felix Infrastrukturprobleme in ländlichen Gebieten, die es zu überwinden gilt, um diese als Wohnorte attraktiver zu machen.
"Im Mietmarkt gibt es aktuell eine sehr große Übernachfrage und zu wenig Angebot. Aber ich finde, man sollte vorsichtig sein, einen nicht zu berlinzentrierten Blick zu haben. Es gibt auch Ecken in Deutschland, wo der Markt nicht so angespannt ist."
– Felix Kusch
Felix prognostiziert als langfristigen Trend, dass der Druck auf Immobilienmärkte in Großstädten anhalten wird, während sich gleichzeitig gewisse Gebiete in Deutschland entvölkern. Er betont die Notwendigkeit, den Wohnungsbau zu fördern und sowohl Umnutzungen als auch gezielte Fördermaßnahmen für bezahlbaren Wohnraum in Erwägung zu ziehen.
Die Digitalisierung hat auch das Maklergeschäft stark verändert. Während früher vielleicht noch Annoncen ohne Fotos ausreichten, sind Fotos heutzutage ein wesentlicher Bestandteil jeder Immobilienanzeige. Die Kund:innen erwarten eine hohe Transparenz und Informationen in Echtzeit. Felix erzählt von einer Zeit, als die Einführung von Fotos auf Immobilienportalen für Kontroversen sorgte, während heute Bilder selbstverständlich sind.
Felix Kusch teilt seine Begeisterung für die Weiterentwicklung des Immobilienmarktes. Er hebt hervor, wie Immowelt die Branche vorantreibt, indem es mehr Transparenz schafft, den Kund:innen bei großen Lebensentscheidungen hilft und den Markt in Richtung Digitalisierung und Professionalisierung bewegt.
Im Weiteren geht es um die Anzahl der auf der Plattform gelisteten Immobilien, die für Immowelt eine wichtige Kennzahl darstellt. Felix erklärt, dass sie mehrere hunderttausend Listings haben, die je nach Jahreszeit variieren können. Besonders in Ballungszentren wie Berlin drehen sich Mietwohnungen relativ schnell, während Kaufimmobilien einen längeren Vermarktungszeitraum aufweisen.
Die steigenden Zinsen und die Unsicherheit aufgrund geopolitischer Ereignisse, wie etwa der Angriff auf die Ukraine im Februar 2022, haben laut Felix zu einer Verlängerung der Standzeit von Kaufimmobilien geführt. Dennoch betont er, dass die derzeitigen Zinssätze historisch betrachtet nicht außergewöhnlich sind und es wichtig ist, langfristige Perspektiven im Immobilienmarkt zu berücksichtigen.
Die Diskussion dreht sich auch um die Wahrnehmung von Privatkunden bezüglich des Immobilienmarktes. Felix und Michél erörtern, ob sich aufgrund gestiegener Zinsen und wirtschaftlicher Unsicherheit möglicherweise eine Umnutzung von Assetklassen ergibt, bei der beispielsweise Einfamilienhäuser vermehrt auf den Markt kommen.
Das Gespräch endet mit einem Appell an die Politik, gezielt Maßnahmen zu ergreifen, um den Wohnungsmarkt in verschiedenen Regionen Deutschlands zu beeinflussen. Felix und Michél sind sich einig, dass durch sinnvolle Förderungen und Auflagen für den Verkauf von Land der Wohnungsbau gefördert und bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden kann.
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