Robert Friedmann (CEO bei Würth Group), Norbert Heckmann (CEO bei Würth Deutschland) und Michél-Philipp Maruhn (Founder & Managing Director DIGITALWERK)
October 31, 2023
Der DIGITALWERK Podcast hat in seiner 100. Folge zwei ganz besondere Gäste eingeladen: Robert Friedmann, CEO der Würth Group und Norbert Heckmann, CEO von Würth Deutschland. Michél-Philipp Maruhn ist sichtlich beeindruckt von seinem Tag bei Würth und betont, wie faszinierend dieser war.
Michél und seine Gäste besichtigten das Werk und gingen durch die beeindruckende Produktpalette von Würth. Dabei wird deutlich, dass Würth nicht nur als Schraubenhersteller wahrgenommen wird, sondern ein breites Sortiment an Produkten anbietet. Die Unternehmenskultur und die Werte, die von Reinhold Würth geprägt wurden, sind spürbar und werden von den beiden CEO-Gästen eindrucksvoll vermittelt. Sie teilen interessante Anekdoten, die sowohl nachvollziehbar als auch unterhaltsam sind.
Robert Friedmann stellt im Faktencheck zu Beginn einige beeindruckende Zahlen vor. Die Würth Group erzielte fast 20 Milliarden Euro Umsatz im letzten Jahr, beschäftigt über 86.000 Mitarbeiter:innen und hat ein EBIT, also “Earnings Before Interest and Taxes” von rund 1,6 Milliarden Euro. Er betont die Bedeutung von Marktanteilsgewinnen in einem wachsenden Markt und spricht über die dezentrale Struktur des Unternehmens.
"Wir haben im vergangenen Jahr die 20 Milliarden knapp verfehlt, das war ein knappes Rennen."
– Robert Friedmann
Die Diskussion geht weiter, und die beiden Gäste teilen mehr Einblicke in ihre langjährige Karriere bei Würth. Norbert Heckmann spricht über seine Zeit im Unternehmen und seine verschiedenen Rollen. Robert Friedmann hebt seine 32-jährige Erfahrung im Unternehmen hervor und wie er zusammen mit seinen Kolleg:innen das beeindruckende Wachstum der Würth Group gestaltet hat.
Die Gäste erzählen auch von der Bedeutung der Unternehmenskultur und der Kundenzentrierung bei Würth. Norbert betont, wie eng die Mitarbeiter:innen miteinander arbeiten und wie schnell neue Kollegen integriert werden. Robert Friedmann beschreibt Würth als ein Unternehmen, das sich an den Wünschen und Bedürfnissen der Kund:innen orientiert.
Michél fragt nach dem Anteil des deutschen Marktes am Gesamtumsatz der Würth Group, und Robert erklärt, dass es etwa 42 % sind. Er unterstreicht die Bedeutung des deutschen Standorts und wie die dezentrale Struktur des Unternehmens es resilienter macht. Trotzdem ist das Unternehmen bestrebt, in anderen Märkten weiterzuwachsen.
Norbert Heckmann teilt eine Anekdote, die die einzigartige Unternehmenskultur von Würth verdeutlicht. Es handelt sich um eine Situation, in der er gemeinsam mit Robert Friedmann die Idee hatte, ein chinesisches Unternehmen zu übernehmen, das damals noch gering automatisiert war und 4.000 Mitarbeiter:innen beschäftigte, die Induktivitäten herstellten. Sie stellten ihre Idee vor, doch sie wurde zunächst mehrmals abgelehnt. Schließlich erreichten sie ein Treffen mit Reinhold Würth, der nur eine Viertelstunde Zeit hatte, da er zum Mittagessen zu seiner Frau musste. In dieser kurzen Zeit überzeugten sie ihn von ihrem Vorhaben. Reinhold Würth betonte, dass er an ihre Fähigkeiten glaube und gab ihnen grünes Licht. Dieses Erlebnis verdeutlicht Reinhold Würths Fähigkeit, motivierten Mitarbeiter:innen die Freiheit zu geben, unternehmerisch zu handeln, was einen großen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens geleistet hat.
“Und dann sagte Reinhold Würth: Also, meine Herren, ihr habt bisher so gute Arbeit geleistet. Viele glauben zwar hier nicht, dass ihr das hinkriegt, ich aber schon. Jetzt macht mal das Gespräch.”
– Norbert Heckmann
Robert Friedmann erzählt von einem prägenden Moment, den er während der Finanzkrise 2008/2009 erlebte. Zu dieser Zeit stand die Frage im Raum, wie viel Kapital das Unternehmen aufnehmen sollte. Reinhold Würth rief ihn während seines Urlaubs an und drängte darauf, mehr Kapital aufzunehmen, um die Liquidität des Unternehmens zu sichern. Obwohl sie die Idee zuerst ablehnten, erwies sich Reinhold Würths Weitblick als richtig, als die Krise ausbrach. Dieser Vorfall lehrte sie die Bedeutung der Liquidität und der richtigen Finanzentscheidungen in unsicheren Zeiten. Robert Friedmann betont, dass Reinhold Würths Ruhe und Vertrauen in turbulenten Zeiten beeindruckend ist und maßgeblich zur Stabilität des Unternehmens beigetragen hat.
Beide CEOs sind stolz auf die langjährige Bindung der Mitarbeiter:innen an Würth und darauf, dass Reinhold Würth Vertrauen schenkt und Loyalität erwartet. Diese Stabilität im Management ist für sie ein wesentlicher Faktor für den Erfolg von Würth.
Michél stellt die Frage nach der Notwendigkeit der Diversifizierung von Würth, die bereits in über 80 Ländern aktiv ist. Er fragt, warum ein Unternehmen, das seinen Ursprung in Schrauben und Befestigungsmaterialien hat, sich in so vielen verschiedenen Bereichen engagieren muss. Robert Friedmann erklärt, dass die Diversifikation in neue Geschäftsfelder und Märkte eine natürliche Entwicklung darstellt und sich als erfolgreich erwiesen hat.
Norbert Heckmann erwähnt das Beispiel der Elektroniksparte von Würth, die heute einen Jahresumsatz von 1 Milliarde Euro erzielt. Diese Sparte konzentriert sich auf den Verkauf und die Produktion von elektronischen Bauteilen, die auf Leiterplatten eingesetzt werden, mit Ausnahme der aktiven Elemente (Chips). Die Idee dahinter war, die gleiche Philosophie, die im Bereich Schrauben und Befestigungselemente funktioniert hat, auf die Elektronik zu übertragen. Die Sparte profitiert von der weltweiten Präsenz und Vertriebspower von Würth.
Norbert und Robert betonen, dass die Internationalisierung und Diversifikation von Würth notwendig sind, um den Bedürfnissen der Kund:innen gerecht zu werden. Viele Kund:innen sind internationale Unternehmen, die eine weltweite Präsenz und Lieferfähigkeit benötigen. Die Diversifikation hilft auch dabei, Risiken zu verteilen und sich gegen wirtschaftliche Schwankungen in verschiedenen Branchen und Regionen abzusichern.
Robert Friedmann erwähnt auch eine aktuelle Akquisition in Polen, die das größte Übernahmevorhaben in der Geschichte des Unternehmens darstellt. Diese Akquisition zeigt, dass Würth weiterhin wachsen und sich ausweiten möchte. Jedoch betonen die Gäste, dass sie bei Übernahmen stets vorsichtig agieren, um sicherzustellen, dass die Identität und Stabilität des Kerngeschäfts nicht gefährdet wird. Die Philosophie des "Best Owner Principles" steht im Mittelpunkt jeder Akquisition, bei der geprüft wird, ob Würth der beste Eigentümer für die Einheit ist.
Die Diskussion verdeutlicht, dass die Internationalisierung und Diversifikation von Würth bewusste und strategische Entscheidungen sind, um das Unternehmen für die Zukunft zu stärken und gleichzeitig die Stabilität und die Werte, die Würth auszeichnen, zu bewahren.
Michél fragt, wie sich Würth seit 2008 entwickelt hat, als das Unternehmen in einem Artikel als "Außendienst-Armee" bezeichnet wurde. Norbert Heckmann erklärt, dass sich seitdem erhebliche Veränderungen vollzogen haben. Die Schrauben machen heute nur noch 12 % des Umsatzes aus, während 60 % des Umsatzes in Deutschland mit selbst hergestellten Produkten generiert werden. Der Anteil des Außendienstes am Umsatz hat sich auf 29 % reduziert.
Die Digitalisierung spielt eine entscheidende Rolle in der Transformation von Würth. Kund:innen haben die Möglichkeit, vollständig digital mit dem Unternehmen zu arbeiten. Dies beinhaltet die digitale Lagerbevorratung von C-Teilen, bei der Waren automatisch nachbestellt werden, wenn sie entnommen werden. Kund:innen können auch über E-Procurement-Shops auf das gesamte Produktsortiment zugreifen und die Lieferung am nächsten Tag erhalten. Neben der digitalen Lagerbevorratung bietet Würth auch technische Unterstützung und Einkaufsmöglichkeiten über verschiedene Kanäle an.
Die Menge der Aufträge, die bei Würth eingehen, ist beeindruckend. In Deutschland allein verarbeitet das Unternehmen täglich etwa 45.000 Aufträge. Weltweit waren es im letzten Jahr 54 Millionen Aufträge. Diese hohe Anzahl verdeutlicht die Bedeutung der digitalen Transformation und des Multikanal-Ansatzes, den Würth seinen Kund:innen anbietet.
Die Diskussion hebt die Notwendigkeit hervor, mit den Bedürfnissen der Kund:innen Schritt zu halten und gleichzeitig die hohe Servicequalität und Effizienz zu erhalten. Die Digitalisierung hat Würth dabei geholfen, die Kundenzufriedenheit und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und das Unternehmen für die Zukunft zu rüsten.
Die Diskussion über Nachhaltigkeit in der Würth Gruppe begann vor rund neun Jahren, als Bettina Würth das Konzept von "Cradle to Cradle" einbrachte. Damals war der Begriff Nachhaltigkeit anders definiert als heute. Die ersten Schritte bestanden darin, Produkte nachhaltiger zu gestalten, indem beispielsweise Verpackungen recycelbar gestaltet wurden. Diese frühzeitige Entscheidung zahlte sich aus, und die Kund:innen schätzten die nachhaltigen Lösungen. Das führte dazu, dass heute nahezu alle Produktentwicklungen nach den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft gestaltet werden. Produkte sollen kompostierbar sein oder in ihre Einzelteile zerlegt und wiederverwendet werden können.
Die Würth Gruppe hat sich das Ziel gesetzt, ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren und die CO2-Emissionen signifikant zu verringern. Dies erfordert umfassende Maßnahmen in den Bereichen Mobilität und Energie. Dabei unterscheiden sich die Herausforderungen von Land zu Land, da in einigen Ländern die Elektromobilität bereits weit verbreitet ist, während in anderen Ländern die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge noch ausgebaut werden muss.
Eine der drängendsten Fragen ist, wie die Würth Gruppe ihre Flotte auf Elektrofahrzeuge umstellen kann. Weltweit gibt es derzeit etwa 33.000 Vertriebsmitarbeiter:innen, von denen die meisten ein Auto für ihre beruflichen Aufgaben nutzen. Die Umstellung auf Elektrofahrzeuge ist nicht nur mit erheblichen Kosten verbunden, sondern erfordert auch eine umfangreiche Ladeinfrastruktur. Es ist eine Herausforderung, die insbesondere in Ballungszentren und Großstädten mit begrenztem Parkraum und fehlender Ladeinfrastruktur deutlich komplexer wird.
Die Umstellung auf Elektromobilität erfolgt schrittweise. In Deutschland fährt die gesamte Geschäftsleitung der Adolf Würth KG bereits elektrisch. Ein Großteil der Außendienstmitarbeiter:innen hat die Möglichkeit, eine private Ladestation zu installieren. Allerdings gibt es immer noch individuelle Herausforderungen, insbesondere für Vertriebsmitarbeiter:innen, die lange Strecken zurücklegen müssen oder in Gebieten ohne ausreichende Ladeinfrastruktur arbeiten.
Trotz der komplexen Herausforderungen ist die Würth Gruppe entschlossen, ihren CO2-Ausstoß zu reduzieren und die Elektromobilität voranzutreiben. Es wurden bereits Schritte unternommen, den CO2-Fußabdruck in der Adolf Würth KG um 35 % zu reduzieren. Die nächsten Jahre sollen weitere Fortschritte in Richtung 75 bis 80 % CO2-Reduktion bringen. Die Würth Gruppe plant auch die Eigenstromproduktion durch Photovoltaik-Anlagen und den Kauf von Windstromanlagen, um einen Beitrag zur Energiewende zu leisten.
Trotz der anstehenden Herausforderungen ist die Würth Gruppe überzeugt, dass nachhaltige Maßnahmen und die Umstellung auf Elektromobilität wichtige Schritte in Richtung einer klimaneutralen Zukunft sind. Die Bemühungen der Gruppe und die Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter:innen sind entscheidend, um diese Ziele zu erreichen. In den kommenden Jahren werden die Entwicklungen in der Nachhaltigkeitsstrategie und Elektromobilität bei Würth weiterhin intensiv beobachtet und vorangetrieben.
Michél reflektiert über die Veränderungen in verschiedenen Branchen, darunter Handwerk, Bau und Immobilien. Er stellt fest, dass die goldenen Zeiten für Immobilienmakler:innen vorbei sind, und dass die Stimmung gedämpfter ist. Norbert Heckmann betont, dass die Auswirkungen der Krise je nach Branche variieren, wobei Hightech-Investitionen und öffentliche Bauaktivitäten als Lichtblicke betrachtet werden.
“Und ich glaube, wir müssen uns jetzt einfach darauf einstellen, dass wir die nächsten 18 Monate schwierigere Rahmenbedingungen haben wie davor. Der Zinsanstieg schlägt jetzt voll durch.”
– Robert Friedmann
Die Diskussion endet mit einer Betonung des Unternehmergeistes, der im gesamten Würth-Konzern zu finden ist. Die Fähigkeit, kreative Lösungen zu finden und Krisen zu bewältigen, wird als entscheidender Faktor für den Erfolg in schwierigen Zeiten hervorgehoben.
Norbert Heckmann betont, dass Handwerker:innen, die über gesunden Menschenverstand und Unverdrossenheit verfügen, oft in der Lage sind, Lösungen zu finden und sich an veränderte Marktbedingungen anzupassen. Sie haben gelernt, Krisen zu überbrücken und darauf zu vertrauen, dass sich die wirtschaftliche Situation wieder normalisiert.
In Bezug auf Unterstützung während der Pandemie erwähnt Norbert, dass Würth Maßnahmen ergriffen hat, um die Liquidität der Kund:innen zu erhalten, darunter die Verlängerung von Zahlungszielen und die Bereitstellung von Liquidität durch Warenlieferungen. Auch die aktiven Aktivitäten des Unternehmens trugen dazu bei, die lokale Wirtschaft zu unterstützen.
Die Podcastfolge endet mit einem Ausblick auf die Zukunft und dem Versprechen, sich in den kommenden Jahren erneut zu treffen, um die Entwicklungen zu überprüfen und zu reflektieren.
Die Diskussion betont die Bedeutung von Anpassungsfähigkeit, Kreativität und Unternehmergeist in Zeiten des Wandels. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Situation in den kommenden Jahren entwickelt und wie Würth darauf reagieren wird.
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