Was kann ein Passivhaus: Das Projekt "Holz 5" auf dem Parkgelände in Bad-Abling zeigt es

April 3, 2024
Autor/in:
Madita Harnisch

Das Projekt "Holz 5" in Bad Aibling zeigt, was Passivhäuser wirklich auszeichnet. Erfahrt mehr über die Definition von Passivhäusern und wie diese Projekte Standards für nachhaltiges und innovatives Bauen setzen. Welche Potenziale und Herausforderungen gibt es im Kontext des Passivhauskonzeptes?

Bildquelle:
B&O Bau GmbH

Fokussiertes nachhaltiges Bauen im Zentrum der Aufmerksamkeit: Was ist ein Passivhaus?

 

Das Projekt "Holz 5" in Bad Aibling ist ein leuchtendes Beispiel für den Weg zu umweltfreundlicherem Bauen im Kontext des Passivhausstandards. Trotzeiniger anfänglicher Herausforderungen, wie etwa höhere Kosten und geringere Energieeinsparungen als prognostiziert, liefert dieses Projekt wertvolle Erkenntnisse für die Zukunft des Bauens. Es unterstreicht die Bedeutung der Standardisierung und Vereinfachung von Bauprozessen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Einsatz von Holz als Baumaterial. Als Weiterentwicklung im Bereich des Holzbausystems stellt das "Holz 5" ein Hybridhaus dar, das durch die geschickte Integration von Betonelementen nicht nur die Baukostenoptimiert, sondern auch den Anforderungen des sozialen Wohnungsbaus gerecht wird. Diese bewusste Kombination von Holz und Beton vereint ökologische sowie wirtschaftliche Vorteile.

 

Passivhaus "Holz 5":Gebäudekonzept und Konstruktion: Ein Meisterwerk der Nachhaltigkeit

 

Das "Holz 5" auf dem B&O-Parkgelände fungiert als Kopfbau und setzt ein architektonisches Statement. Das Treppenhaus stellt eine gelungene Verbindung zwischen Alt und Neu her und ermöglicht eine klare Abgrenzung zum bestehenden Gebäude. Dieses Konzept dient nicht nur als Vorbild für die Nachverdichtung in städtischen Gebieten, sondern bietet auch innovative Lösungen für typische Gebäudestrukturen mit oftmals fensterlosen Giebelwänden, die man Mitte des 20. Jahrhunderts verwendete.

 

Die Gebäudehülle und Haustechnik des "Holz 5" erfüllen die Standards eines Passivhauses. Das bedeutet, dass besonders hohe Anforderungen an die Energieeffizienz erfüllt werden. Die gesamte Außenhülle besteht aus Holzständerwänden mit einer großzügigen Wärmedämmung von 30 cm zwischen den Ständern und einer sägerauen Holzschalung. Um den hohen Anforderungen des Brandschutzes gerecht zu werden, wurden die statisch tragenden Holzständerwände an der Nord- und Südseite hochfeuerhemmend ausgebildet. Das "Holz 5"entspricht somit der Gebäudeklasse 4. Tragende Innenwände wurden als Stahlbetonhohlwände ausgeführt und nach dem Versetzen mit Beton vergossen, um eine optimale Speichermasse für die Regulierung der Raumtemperatur zu gewährleisten.

 

Die Decken bestehen aus Spannbeton-Hohldielen und können aufgrund ihres geringen Gewichts in fünf Geschossen übereinander auf den Holz-Ständerwänden platziert werden. Diese Hohldielen sind nicht nur ressourcenschonend, sondern ermöglichen auch große Spannweiten bei geringer Stärke. Jedes Geschoss folgt einemeinheitlichen Grundriss mit drei Wohnungen unterschiedlicher Größe. Ein offenes Treppenhaus, verbunden mit einem Aufzugturm, sorgt für eine komfortable Erschließung aller Etagen.

 

Zukunftsorientierte Energieeffizienz im Passivhaus "Holz 5"

 

Das "Holz 5" strebt den Energie-Plus-Standard. Als Passivhaus wurde es mit einer äußerst effizienten Gebäudehülle und Haustechnik konzipiert. Durch die Integration regenerativer Aktivtechnik, wie beispielsweise Photovoltaikmodule auf dem Dach und eine zentrale Energieversorgung über eine Hackschnitzelanlage, wird der Energieverbrauch minimiert und die Nutzung erneuerbarer Energien gefördert. Besonders bemerkenswert ist die Integration verschiedener Lüftungstechniken, die im Jahr 2014 neue Standards setzten. Einwohnungsorientiertes Lüftungskonzept mit einem Wärmerückgewinnungskoeffizienten von über 95 % und einem Stromverbrauch von etwa 25 W erwies sich als äußerst effizient.


Der Wärmerückgewinnungskoeffizient ist ein Maß dafür, wie effektiv ein Lüftungssystem Wärme zurückgewinnt, die normalerweise durch Lüftungsprozesse verloren geht. Ein Wert von über 95 % bedeutet, dass das Lüftungssystem mehr als 95 % der Wärmeenergie zurückgewinnt, die aus der Abluft entweicht, und diese Wärme zur Vorwärmung der frischen Zuluft nutzt. Ein niedriger Stromverbrauch von etwa 25 W zeigt an, dass das Lüftungssystem effizient arbeitet und nur wenig elektrische Energie benötigt, um diese Wärmerückgewinnung zu ermöglichen.

Durch die Vorkommissionierung der Lüftungssysteme konnte die Montagezeit pro Wohnung auf etwa vier Stunden reduziert werden. Die Auslegungskriterien der Lüftungssysteme sind speziell auf die Bedürfnisse der Wohnungswirtschaft abgestimmt, was einen einfachen und kostengünstigen Filterwechsel ermöglicht. Auch der Schallpegel wurde berücksichtigt, um eine angenehme Wohnatmosphäre zu gewährleisten.

 

Die Vorteile eines Passivhauses

 

Ein Passivhaus, auch Plusenergiehaus genannt, ist eine wegweisende Wohnlösung, die nicht nur für die Umwelt, sondern auch für den Geldbeutel der Bewohner:innen Vorteile bietet. Die Energieautarkie eines solchen Passivhauses inkludiert, dass die Bewohner:innen weniger von externen Energiequellen abhängig sind und sich dadurch vor steigenden Energiepreisen schützen können. Außerdem erzeugt das Haus mehr Energie, als es verbraucht. Wohngesunde Materialien und die Schaffung eines angenehmen Raumklimas erhöhen die Wohnqualität, was wiederum den Wohnkomfort steigert. Die Bauweise und die verwendeten Materialien sind oft umweltverträglich und ressourcenschonend.

 

Die Bilanz des "Holz5" im Kontext des Passivhausstandards

 

Das Projekt "Holz 5" wurde einst als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit gefeiert, allerdings hat sich gezeigt, dass einige Aspekte noch einmal überdacht werden müssen.  

Die anfänglich hohen Erwartungen an Energieeinsparungen und wirtschaftliche Effizienz im Passivhausstandard wurden nicht vollständig erfüllt. Die Implementierung dieser Standards führte zu einem Anstieg der Baukosten um etwa 8 %.

 

Die Entscheidung für eine kontrollierte Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung verursachte unerwartet hohe Wartungskosten, was zu einer signifikanten Erhöhung der Betriebskosten führte. Die tatsächlichen Energieeinsparungen blieben hinter den Modellprognosen zurück, was die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxisaufzeigt, insbesondere bei den gegenwärtigen Strompreisen.

 

Trotz dieser Herausforderungen hat das Projekt "Holz 5" wichtige Impulse für die Entwicklung energieeffizienter Gebäude geliefert. Eine kritische Analyse enthüllt die Grenzen des Passivhaus- und Plusenergiestandards im kommunalen Wohnungsbau.

 

Fazit: Nachhaltiges Bauen mit dem Passivhauskonzept

 

Das Projekt "Holz 5" in Bad Aibling zeigt eindrucksvoll die Potenziale und Herausforderungen nachhaltigen Bauens im Kontext des Passivhausstandards.

 

Trotz anfänglicher Schwierigkeiten und einer Diskrepanz zwischen Theorie und Praxisbietet es wertvolle Erkenntnisse für die Zukunft des Bauens. Durch die Integration von Holz und Beton sowie innovativer Technologien werden nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile realisiert.

 

Die Konzeption und Umsetzung des "Holz 5" verdeutlicht die Bedeutung standardisierter Bauprozesse und zukunftsorientierter Energieeffizienzmaßnahmen. Dennoch zeigt die Bilanz des Projekts auch die Grenzen und Herausforderungen des Passivhausstandards im praktischen Einsatz auf.

 

Es bleibt eine Balancezwischen hohen ökologischen Ansprüchen und realistischen Umsetzungsmöglichkeiten zu finden, um nachhaltiges Bauen weiter voranzutreiben und den Anforderungen an Wohnkomfort und Wirtschaftlichkeit gerecht zu werden.

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