Sander van de Rijdt (rechts) mit DIGITALWERK-Gründer und Podcast-Gastgeber Michél-Philipp Maruhn
March 29, 2022
Sander van de Rijdt kommt aus Österreich und hat niederländische Wurzeln. Er ist in Wien zur Schule gegangen und hat dort später mit einem seinem jetzigen Mitgründer Wirtschaftsinformatik studiert. Aus der Uni heraus entstand das erste IT Startup im B2B Bereich zu einer Zeit, in der der Begriff „Startup“noch gar nicht so stark verbreitet war. Bis zur Gründung von PlanRadar hatSander sieben Unternehmen gegründet, aufgebaut und vor allem eine Menge gelernt,denn zwei Unternehmen wurden erfolgreich verkauft und zwei liquidiert. „Viel,viel schwieriger ist es, Konkurs zu gehen.“, sagt Sander im DIGITALWERK Podcast und schlussfolgert, dass er aus seinen Misserfolgen am meisten gelernt hat.
In Deutschland wird oft nur auf die Erfolge geschaut. Umso wichtiger, dass Sander offen erzählt, was er anderen Gründern ersparen möchte und was er gelernt hat. Zu Sanders größten Erkenntnisse aus seinen gescheiterten Unternehmungen gehört unter anderem die Falle der Customization. Die Customization eines Produkts führt zur mangelnden Skalierbarkeit durch ständige kundenorientierte Anpassungen und ein nicht skalierbares Produkt ist wesentlich aufwendiger. Es hilft zudem auch nicht besonders, ein besonders großes Gründerteam zu haben. „Bei Diskussionen unter vier Gründern kam es auch oftmals zu einer Front – zwei gegen zwei.“ Ein weiteres Learning war, dass Marketing und Sales wichtige Faktoren ist, die man bei der Ressourcenverwendung nicht vernachlässigen sollte und dessen Wichtigkeit für die Vermarktung des Produkts nicht zu unterschätzen ist.
„You can easily overspend on product but you can never overspend on marketing and sales. Ein ganz wichtiges Learning, aber man muss es irgendwie erst selbst gefühlt und erlebt haben bevor man es versteht. Wir waren ja wirklich auch noch grün hinter den Ohren.“
Besonders in komplexen Märkten und Sektoren ist ein weiterer wichtiger Punkt, dass Domain Expertise zu der Vermeidung vieler Fehler führt und eine bedeutende Wichtigkeit bei Gründung einer Unternehmung verdient.
Die drei wichtigsten Kernthemen der Erfahrungen, die Sander so schnell nicht wieder vergisst, beziehen sich auf das Verhältnis der Investitionen ins Produkt, Marketing und Sales, auf die Wichtigkeit der Domainexpertise und auf die hohe Bedeutung von gutem Personal. Man braucht zwar ein gutes Produkt, aber sollte immer auch genügend Ressourcen für Marketing und Sales einplanen, da man für letzteres nie zu viel ausgeben kann. Mit Domainexpertise spart man sich viel Lehrgeld und ein engagiertes Team hat seinen Wert.
„Good people can do great things. Man sollte nicht am Personal sparen. Es ist viel anstrengender mit weniger qualitativen Leuten zu arbeiten. Da spart man an der falschen Stelle.“
Sander erzählt im DIGITALWERK Podcast, dass Timing und Marktbereitschaft und -reife eine 100%-ige Rolle dabei spielen, ob ein Startup erfolgreich wird oder nicht. Mit seinem früheren eSports Business war er mit seinen Mitgründern viel zu früh dran. Das Timing muss passen, der markt muss bereit für neue Lösungen sein, sollte aber auch noch nicht erschöpft sein und die Kunden offen für Veränderungen. Dennoch ist Glück auch ein wesentlicher Faktor, den man als Gründer nicht kontrollieren kann, der jedoch unerlässlich für den Erfolg eines Unternehmens ist.
Einer von Sanders Mitgründern, der aus der Bau- und Immobilienbranche kam, hatte die Idee zur Gründung von PlanRadar. Einige Gespräche, Planungen und Nächte später standen die ersten Versionen von PlanRadar, mit denen bereits erste Vertriebskanäle ausprobiert wurden, um das Produkt im Markt zu validieren. Das Gründerteam hat dafür kalten Vertrieb betrieben und Architekten,Bauunternehmen und Projektentwicklungen kontaktiert, um eine Rückmeldung des Marktes zu erhalten, mit der sie arbeiten konnten. Das Feedback war überragend und zeigte innerhalb kurzer Zeit ein deutliches Interesse und eine hohe Nachfrage für solch eine Lösung, denn 69 Prozent des Feedbacks war positiv. In 2015 wurde sodann das Produkt gelaunched. Durch Direct Sales wuchs Planradar erstmal organisch, doch schon recht schnell bemerkten Sander und seine Mitgründer durch diverse Anfragen aus Großbritannien oder sogar Australien, dass ihre Lösung ein internationales Problem löst. Zu diesem Zeitpunkt, ca. 2,5 Jahre nachdem das Produkt an den Markt kam, wussten sie, dass sie nun das Potential haben, PlanRadar „richtig groß zu machen“. Doch das bedeutete auch,dass sie schnell sein mussten und dafür Kapital benötigten.
Anfang 2017 hatte PlanRadar bereits einen Umsatz von EUR 500-600k erreicht.Ein gutes Momentum, um für die Kapitalbeschaffung durch Risikokapital eine gute Unternehmensbewertung aufzurufen. Durch das notwendige Funding konnte PlanRadarin verschiedenen Bereichen wachsen und das Gründerteam mehrere Dinge gleichzeitig ausbauen.
„Man sieht schon, dass es eine Verbesserung gegeben hat. Die Digitalisierung ist bei den meisten Menschen zumindest auf die Agenda gekommen. Es ist aber trotzdem noch so, dass meiner Meinung nach die größte Herausforderung ist, die Leute von Papier und Bleistift zu digitalen Lösungen zu bringen. Das zieht sich quer durch die ganze Industrie.“
Sander ist der Meinung, dass die Effizienzsteigerung durch digitale Lösungen so hoch und offensichtlich werden muss, dass es sinnlos erscheint, alternative und traditionelle Wege zu gehen. Der Schritt nach dieser Erkenntnis ist die Standardisierung der Daten, die im Anschluss zu einem wertvollen Leverage Effekt führt. Aktuell bewegen wir uns zwischen Schritt eins und zwei, wobei andere Bereiche des Bausektors unterschiedlich fortgeschritten sind. Im Bereich der Planung ist der Stand der Digitalisierung schon wesentlich weiter als in anderen Bereichen wie zum Beispiel im Bau. Auch wenn es vielleicht nicht mehr zehn bis zwölf Jahre dauert, so ist Sander sich sicher, dass sich die Digitalisierung des Bausektors eher schrittweise über einen längeren Zeitraum durchsetzen wird.
Es wurden bereits mehrere Kampagnen und Initiativen gestartet, mir denen die Expansion von PlanRadar ausgebaut werden soll. Neue Märkte wie Nord- und Südamerika, der mittlere Osten und der asiatische Markt werden angegangen. Außerdem wird in die Weiterentwicklung des Produkts investiert wie beispielsweise in die Integration der Planungssoftware in bestehende Systeme zur einfachen Erfassung und Dokumentation von Informationen auf der Baustelle. Zukünftig sollen Enterprise Kunden die Möglichkeit haben, mehrere Workflows in einem System abbilden zu können und somit mehr Features zur Auswahl bekommen. Dies erhöht nicht nur die Funktionalität des Produkts, sondern ermöglicht auch die Entwicklung des Pricings durch eine höhere Lizenz. Und natürlich wird auch ein Teil des Kapitals in Marketing und Sales investiert.
Durch die hohe Finanzierungssumme profitieren Sander und seine Co-Founder von einem „positiven Druck“. Nahezu 300 Mitarbeiter arbeiten bereits bei PlanRadar. Bis zum Ende des Jahres ist ein Ausbau des Personals auf bis zu 500 Mitarbeiter geplant. Das bringt eine große Verantwortung mit sich,der das Gründerteam motiviert ein nachhaltiges Geschäft auf- und auszubauen. Das Umsatz- und Kundenwachstum spiegelt diese Nachhaltigkeit wider. Ob PlanRadar sich zum Unicorn Startup entwickelt, lässt Sander offen, auch wenn sich das heutzutage nicht mehr allzu junge Startup bereits so rufen lässt.
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