Dominik Hartmann (rechts) mit DIGITALWERK-Gründer und Podcast-Gastgeber Michél-Philipp Maruhn
April 26, 2022
Dominik Hartmann ist CEO der CRAFT Group, Diplomkaufmann und hat während seines Studiums in Würzburg seine Leidenschaft für Wirtschaftsinformatik und Software entdeckt. Nach seinen beruflichen Anfängen in einem Spin-off eines Unternehmens hat er sich mit einem Kollegen in 2008 selbstständig gemacht und ein Startup im Bereich webbasiertes Dokumentenmanagement gegründet. Ein spannendes und zu der Zeit hoch innovatives Thema, jedoch auch ein Thema, welches bei kleinen und mittelständischen Unternehmen sehr schwer integrierbar war. Seine Erfahrungen im KMU-Markt führten ihn schließlich zu Microsoft, bei dem er den Softwarehersteller Kanal verantwortete und die Zusammenarbeit mit SAP bishin zur Etablierung von Softwareanbietern in KMU mitgestaltete. Auf diesem Weg kam er mit der Haufe Gruppe in Kontakt und wechselte in die Geschäftsführerposition für das Lexware Geschäft.
Als er dann im Jahr 2020 von LEA Partners, einem Beteiligungshaus aus Karlsruhe, welche aus der baden-württembergischen Landesbank in erfolgreiche, deutsche B2B Software Unternehmen investiert, auf eine große Opportunität angesprochen wurde, gab es keinen Grund zum Zögern.
„LEA Partners hat mich gefragt, ob ich nicht gemeinsam mit ihnen im Bereich Handwerker Software eine große Plattform bauen will. Buy & Build Strategie. Wie können wir Lösungen bauen, die nicht nur 30 Jahre zurück, sondern auch 30 Jahre in der Zukunft attraktiv sind?“
Dominik erzählt im DIGITALWERK Podcast, dass die Strategie darin besteht, Unternehmen zu übernehmen, die heute schon sehr erfolgreich am Markt sind, bei denen die Gründer jedoch nach 30 Jahren vor einem Generationswechsel stehen und nicht wissen, wie sie diese Lösungen zukunftsfähig gestalten können. Gemeinsam mit der Erfahrung der Gründer, ihrer Branchenexpertise, der Erfahrung ihrer Teams setzen sie nach einer Übernahme bei dieser Fragestellung an und innovative Ideen aus dem Startup Bereich um. Es dreht sich dabei unter anderem um einfache Dinge wie den Wechsel von der Datenspeicherung auf firmeneigenen „on Premise“ Servern in die Cloud, welcher in Deutschland in der Softwareindustrie bereits im Jahr 2008 stattgefunden hat. Dominik erzählt, dass es enorm viel Widerstand in Deutschland gibt, weil der deutsche Unternehmer gerade in solch konservativen Branchen wie im Handwerk den direkten Mehrwert oftmals nicht versteht.
In den kommenden fünf Jahren wird das Zusammenspiel von verschiedenen Softwarelösungen im Handwerker Bereich immer mehr an Bedeutung gewinnen, erzählt Dominik im DIGITALWERK Podcast. Es ist zwar nicht innerhalb einiger Tage umsetzbar, doch gerade die Schnittstellen zwischen unterschiedlichen Softwareanbietern werden zukünftig nicht nur einen höheren Kundennutzen stiften, sondern unumgänglich. Doch nach seinen Beobachtungen werden die Zusammenschlüsse und Kooperationen zwischen Startups nicht so schnell umgesetzt werden wie auf der Seite etablierter Unternehmen, die durch die fehlende Innovationsfähigkeit einer Konsolidierung offen gegenüber stehen.
„Als etabliertes Unternehmen bist du in der Regel nicht der Innovationstaktgeber, sondern Innovationsfollower. Wenn du 30 Jahre lang dein Unternehmen führst, dann machst du dir automatisch Gedanken, wie du deine Kunden, deine Mitarbeiter:innen, dein ganzes Unternehmen in die Zukunft führen kannst. Diese Notwendigkeit gibt es ja gar nicht bei Startups, da sie vollkommen ungebunden, frei und agil sind und ein Zusammenschluss häufig nicht so sinnvoll erscheint.“
Da der Bereich Handwerk sehr komplex und auch der Markt sehr fragmentiert ist, schaffen einzelne Tools nicht den gleichen Mehrwert wie mehrere, ineinandergreifende und zusammengeschlossene Softwarelösungen. Ein Handwerker muss derzeit „von links nach rechts in eine andere Software springen“. Würde es eine Oberfläche als sogenanntes Software-Cockpit für Handwerker geben,würde der Mehrwert enorm groß sein. Doch für diesen nächsten Schritt brauchen junge Unternehmen nicht nur ausreichend monetäre Ressourcen und Zeit, sondern müssen darüber hinaus konservative Marktbarrieren überschreiten, die es Startups nicht immer leicht machen.
„Du kannst Dir nicht die Innovationsführerschaft erkaufen,sondern musst dafür Kunden gewinnen. Doch der deutsche Markt, der im positiven Sinne konservativ und stabil ist, schaut sich im negativen Sinne Innovationen erst einmal ein bis zwei Jahre an, bevor diese akzeptiert werden. Diese Durststrecke überleben viele Startups nicht.“
Es steht dennoch fest, dass sich in diesem Bereich in den kommenden fünf Jahren sehr viel bewegen wird und es diverse Marktöffnungen sowohlauf der Seite etablierter Unternehmen als auch auf der Seite von Startups geben wird. Denn sobald neue Ideen umgesetzt werden und gewisse Marktbarrieren von Marktteilnehmern überschritten wurden, werden sich im Wettbewerb komplementäre junge Wettstreiter etablieren, die sich voraussichtlich zu etablierten Anbietern finden. Genau dieser Wettbewerb schafft ein positives Marktumfeld,die zur Veränderung des Handwerker-Software Bereichs auf Anbieter- und dadurch auch Kundenseite führt. Wettbewerb führt meistens zu weiteren Innovationen, standardisierten Preisen und höheren Mehrwert für eine digitalere Zukunft.
In Bereichen wie der mobilen Nutzung der Softwarelösungen durch Handwerker sieht Dominik einen klaren Vorteil bei etablierten gegenüber jungen Unternehmen. Durch den etablierten Kundenstamm ist ein Rollout solcher Lösungen auf tausende Bestandskunden deutlich einfacher als auf Neukunden.
Es gibt nur wenige Wege, die den Handwerker effektiv zu Softwarelösungen führen. Ein Beispiel hierfür gibt die jüngst verkündete Partnerschaft zwischen dem Startup Tool Time und dem Hersteller Vaillant. Solch eine Zusammenarbeit schafft einen direkten und vertrauensvollen Weg zu tausenden von Handwerkern.
„Ich glaube, fast alle haben mittlerweile gelernt, dass Direktvertrieb an Handwerker per Telefon oder mit kalten E-Mail-Kampagnen fast keinen Sinn macht. Du brauchst einen anderen Einstieg mit Handwerksbetrieben. Du musst dir Partner suchen, die den Zugang zu Handwerkern haben.“
Wer ist da besser geeignet als ein Hersteller wie Vaillant oder Viessmann oder auch der Fachhandel? Als Softwareanbieter für Handwerker braucht man eine enorm enge Bindung zum einzelnen Handwerker, welche für Startups nur durch solche Partnerschaften wirklich fruchtbar werden. Dominik erzählt, dasser aus diesem Grund proaktiv auf etablierte Softwarehäuser und Startups aus der Handwerksbranche zugeht, um Synergien zu nutzen und Großhändlern zuvor zukommen.
„Es gibt nach wie vor immer noch ganz viele Großhändler, egal in welchem Gewerk, die sagen: Ich baue das selber. Das sind aus meiner Sicht oftmals diejenigen, die noch lernen müssen, dass Innovationen kein einmaliges Investment mit sich bringen, sondern langfristige Kosten zur Erhaltung der Innovationsfähigkeit. Das unterschätzen viele!“
Die CRAFT Group verfolgt eine genaue Buy and Build Strategie, mit der sie Unternehmen aufkaufen. LEA Partners hat sich im Vorfeld dieser Idee intensiv mit dem Handwerker-Software Markt auseinandergesetzt, um das Marktgeschehen zu verstehen und die verschiedenen Lösungen auf dem Markt besser nachvollziehen zu können. Der Fokus der CRAFT Group liegt im Bereich Bau und verfolgt die Vision, etwas Großes in diesem Bereich aufzubauen. Verschiedene Unternehmen sollen nicht nur einfach zusammengeschlossen werden, sondern harmonisch ineinander übergreifen. Letztendlich verrät Dominik jedoch, dass immer in Menschen investiert wird, da man bei Unternehmenszusammenschlüssen mit Menschen zusammenarbeitet. „Entweder es passt oder es passt nicht.“
In der Gruppe befinden sich derzeit fünf Unternehmen, von denen aktiv drei gekauft wurden. Eines der Unternehmen in der Gruppe, Taifun, hat vor der Akquisition durch die CRAFT Group zwei weitere Unternehmen aufgekauft,weswegen indirekt fünf Unternehmen vorhanden sind. Die jüngste Akquisition erfolgt erst vor kurzem: Die CRAFT Group hat die extragroup GmbH, ein CAD- und ERP-Anbieter für Tischler, Schreiner sowie Messe- und Ladenbauer übernommen und damit eine wertvolle Bereicherung im Holzsegment dazugewonnen. Die extragroup GmbH bildet eine digitale Schreinerei aus einer Hand ab und erweitert somit das Portfolio um einen großen Bereich. Dabei bleiben die Brands der übernommenen Unternehmen stets bestehen und zerstören damit nicht die wertvoll aufgebauten und vertrauensgestützte Kundenbeziehungen.
In den kommenden Monaten und Jahren werden noch viele weitere Handwerkerlösungen zur CRAFT Group dazukommen. Wir bleiben also gespannt und freuen uns, dass es Marktteilnehmer gibt, die auch etablierte Unternehmen im Handwerksbereich innovieren und das enorme Potential der Digitalisierung ausschöpfen.
· Wie Dominik CEO der CRAFT Group wurde (00:06:07)
· Warum CRAFT Group bestehende Software Anbieter übernimmt (00:12:08)
· Warum Wettbewerber ein positives Marktumfeld schaffen (00:22:36)
· Wie die CRAFT Group strategisch etwas Großes aufbaut (00:25:37)
· Was es mit der Übernahme von extragroup auf sich hat (00:32:00)
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