Felix Heiden (rechts) mit DIGITALWERK-Gründer und Podcast-Gastgeber Michél-Philipp Maruhn
March 15, 2022
Felix Heiden, 36 Jahre alt und gebürtiger Stralsunder, ist seit Dezember 2020 Geschäftsführer von Wastebox Deutschland. Nach seiner Ausbildung bei einem Plattenlabel in der Musikindustrie entschied er der Kreativbranche den Rücken zu kehren und einen „verlässlichen Weg“ einzuschlagen. Er studierte BWL und fand den Einstieg in die Baubranche nach dem Studium bei einem großen Dachfenster Hersteller in Hamburg, bei dem er schnell Führungsverantwortung übernahm und ein eigenes Team im Bereich Marketing und Vertrieb leitete. Eine Weiterbildung zum Organisationsdesigner für agile Teams, Arbeitsweisen und Unternehmen als auch seine Tätigkeit als Leiter eines internen Startup Projekts entwickelten bei ihm den Wunsch, selbst ein Startup aufzubauen.
Ende 2020 war es dann endlich soweit, dass Felix sich diesen Wunsch mit Wastebox erfüllen konnte. Streng genommen ist Wastebox zwar kein „klassisches Startup, welches von Gründern in der Garage“ aufgebaut wurde, sondern als Startup Idee innerhalb der Strukturen der Saubermacher Dienstleistungs AG entstanden. Die Saubermacher Dienstleistungs AG ist Österreichs größtes Entsorgungsunternehmen und mit über 3.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mehr als EUR 300 Millionen international tätig. Eine Neubesetzung der Vorstandsebene mit Personen aus den Bereichen Business Development und IT in 2016 sorgte für einen frischen Blick auf die Abfallwirtschaft im Bausektor. Vor Wastebox herrschte im hoch fragmentierten Entsorgungsmarkt eine enorme Intransparenz über Dienstleistungen, Preise und Angebote. Ein Problem, das sich mit der Entwicklung einer Plattform zu lösen schien. Kurz darauf wurde Wastebox noch im selben Jahr nach nur neun Monaten Entwicklungszeit in Österreich gelauncht. In 2017 folgte die Gründung einer eigenständigen GmbH und 2019 die Expansion nach Deutschland. Für die Zukunft sind Erweiterungen nach Frankreich und in die USA geplant.
Wastebox ist eine cloud-basierte Online-Plattform für die Abfallentsorgung, die Bauunternehmen schnell, einfach und vollkommen digital flächendeckend in ganz Deutschland und Österreich mit passenden Entsorgungspartnern vernetzt. Den Ausgangspunkt liefert neben der Online-Plattform eine Smartphone App. Bauunternehmen können somit nur mit wenigen Klicks die richtigen Container für ihre Baustellen bestellen.
„Ich sage immer im Prinzip sind wir wie Uber - nur mit Mulden und Containern statt Taxis.“
Die Kundenbasis von Wastebox reicht von kleinen über mittelständischen bis zu großen Bau- und Entsorgungsunternehmen. Je größer der Radius der Kundengruppe von Wastebox ist, desto mehr profitiert das Unternehmen von nationalen oder internationalen Netzwerkeffekten. Einen bestimmten Kundenfokus hat Wastebox dabei nicht – von Unternehmen aus der Wohnungswirtschaft, dem Innenausbau, Trockenbau, der Entrümpelung, Maler-, Bodenleger- und Zimmereibetrieben und vielen mehr ist alles mit dabei.
Felix erzählt im DIGITALWERK Podcast, dass er die Vorteile eines corporate Startups sehr wertschätzt. Zum einen ist Wastebox als Konstrukt eigenständig und frei in der Entwicklung und zum anderen profitiert das Team von der Expertise des Konzerns sowie von der finanziellen als auch personellen Sicherheit. Gerade die Möglichkeit sich als Geschäftsführer vollständig auf das operative Geschäft und nicht auf die Kapitalbeschaffung konzentrieren zu können, ist ein Privileg, welches Gründer eines klassischen Startups nicht genießen. Dadurch entsteht kein Leistungsdruck externer Investoren wie zum Beispiel Risikokapitalgeber, welche darauf ausgerichtet sind, Startups innerhalb kurzer Zeit zu skalieren, um ein Exit Szenario zu verwirklichen. Die Saubermacher Dienstleistungs AG ist hingegen ein familiengeführter Betrieb, bei dem Felix neben einer „gewissen Unaufgeregtheit und Ruhe“ als Geschäftsführer ein starkes Grundvertrauen verspürt. Wastebox wird von Saubermacher als Ergänzung des Kerngeschäfts und als Erweiterung etablierter Geschäftsmodelle angesehen und weist, verglichen zur klassischen Entsorgung, ein großes organisches Wachstum auf. Dennoch bleibt der Konzern nach dem Motto „alles kann, nichts muss“ offen für die Entwicklung von Wastebox in ein für externe Investoren attraktives und skalierbares Geschäftsmodell.
Felix erzählt, dass von neuen Kunden vermehrt Beratungsdienstleistungen und Wissensvermittlungsangebote angefordert werden, da die Entsorgung im Bausektor zunehmend komplexer wird. Die Ansprüche der Kunden steigen stetig. Themen wie das Enablement von Kunden in Bereichen der rechtlichen Aufklärung, gewerblichen Abfallversorgung, Erstellung von Bauvorhaben oder Zertifizierung sind bei der Entwicklung der Dienstleistungen vorgesehen. Der größte Treiber für das Geschäftsmodell von Wastebox ist die Entlastung des großen Entsorgungsproblems auf Baustellen.
„Wir wollen unseren Kunden diesen Kopfschmerz, der ganz oft mit der Entsorgung auf der Baustelle verbunden ist, abnehmen.“
Einen Social Proof für ihr Geschäft erlangt Felix regelmäßig über positive Referenzen und von zufriedenen Kunden. Mittlerweile kommen die Kunden bereits proaktiv auf Wastebox zu, da Wastebox eine gute Marktpräsenz erreicht hat. In den kommenden Jahren konzentriert sich Wastebox vorrangig auf die weitere Verbesserung der Plattform sowie auf den Kundenausbau. Eine breite Diversifizierung der Dienstleistungen ist erstmal nicht geplant. Felix erläutert im DIGITALWERK Podcast: „Es täte uns nicht so gut auf Teufel komm raus zu diversifizieren und neben Containern auch noch Dixi Toiletten und andere Dinge, die auf der Baustelle gebraucht werden, anzubieten.“ Das überlässt Felix eher anderen Anbietern im Markt und glaubt an eine starke Zusammenarbeit mit anderen Startups und Marktteilnehmern in der Zukunft. Inzwischen gibt es schließlich auch viele Gründer, die sich dem Bausektor angenommen haben und verschiedene Bereiche digitalisieren und nachhaltiger gestalten. Eine übergeordnete Lösung, die die unterschiedlichen Bereiche der Baubranche abdecken, wäre dabei auch denkbar.
Felix hat durch das Kennenlernen der Startup Kultur und Themen wie agiles Arbeiten, New Work und wirksamer Führungsstil erkannt, dass es an der Zeit ist, etablierte Muster in Organisationen, insbesondere hinsichtlich der Zusammenarbeit, zu hinterfragen und neu zu ordnen. Dabei zielt er auf die Art und Weise, wie die Arbeit innerhalb eines Unternehmens organisiert wird, aber auch wie Unternehmen miteinander kooperieren ab.
„Gerade in Zeiten wie diesen - mit steigender Komplexität, immer größeren Anforderungen, Schnelllebigkeit und Unsicherheit ist es aus meiner Sicht wichtig, dieser Komplexität mit agilen, flexiblen Strukturen zu begegnen. Ich glaube, dass das Zeitalter der Effizienzgetriebenheit mit dem Fokus auf Prozesskosten zu Ende geht und stattdessen Schnelligkeit und Flexibilität die neuen Wettbewerbsvorteile werden.“
Dies kann in einzelnen Unternehmen bedeuten, dass man innerhalb von Organisationen Strukturen aufbaut, die Selbstorganisation, Eigenverantwortung und Kooperationen ermöglichen. Auf der anderen Seite kann das auch bedeuten, dass Unternehmen sich auf die eigenen Kernkompetenzen konzentrieren und andere Fähigkeiten durch Kooperationen mit anderen Spezialisten abbilden. Die steigende Komplexität der Umwelt muss demnach über geeignete Strukturen zur Zusammenarbeit erreicht werden.
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