Paul Lind (Co-Founder und CEO, reebuild) rechts, Michél-Philipp Maruhn (Gründer und Host, DIGITALWERK Podcast) links
August 6, 2024
Als Paul Wirtschaftsrecht studierte, gab es erste Berührungspunkte mit der Baubranche. Seine Bachelorarbeit trägt nämlich den Titel “Das Verhältnis von §1170b zu §918 ABGB, eine baurechtliche Interessensabwägung”. Für alle Nichtjuristen unter uns: da geht es um die Sicherstellung beim Bauvertrag.
Die Eltern von Pauls Freundin betreiben ein Industriebahnunternehmen, in dem Paul dann zuerst im juristischen Bereich anfing und immer mehr Richtung Baustelle rutschte.
Als digital affiner Mensch war Paul überrascht davon, wie viel Papier in manuellen Prozessen auch in größeren und erfolgreichen Bauunternehmen anfällt. Dazu kommen altbackene Softwareanwendungen, die scheinen, als sei die gesamte Branche in der Zeit stehen geblieben.
Paul entschied sich dann mit zwei weiteren Gründern, ein Startup hochzuziehen. Die Jahresmitte 2022 erlebte Paul als Venture Capital-Hochphase, die dann sehr schnell wieder abkühlte. Zu der Zeit war das Ziel nämlich noch eine neue Plattform für Materialbeschaffung zu bauen. Mit der Pandemie, dem Anstieg der Zinsen und der generell wirtschaftlich schwierigen Zeit wurden auch Investments in Start Ups immer weniger. Die Investmentsummen wurden kleiner und die Finanzierungsrunden sanken auf das niedrigste Tief der letzten 15 Jahre. Anders als viele andere Gründer:innen beschreibt Paul das als eine Art Rettung für die Entwicklung des Start Ups.
Die Idee, das Produkt und die Lösung wurden nochmal auf den Prüfstand gestellt. Der Planradargründer Domagoj Dolinsek hatte einen lebensrettenden Ratschlag für Paul, der sinngemäß lautete: Redet einfach mit den Bauleitern, und fragt, was die richtig stört. Das neue Marktumfeld bedeutete auch, dass es wichtig war, Kunden zu haben, die sich konkret für eine Lösung interessierten, und auch ein paar Zeilen Code geschrieben zu haben.
Die neue Feldforschung unter Bauleitern kam dann zu dem Ergebnis, dass der Bestellprozess an sich eigentlich gar nicht das Problem ist - sondern die Bürokratie und Zettelwirtschaft darum herum.
“Es ist heute überhaupt nicht nötig und überhaupt nicht sinnvoll, dass man Menschen bezahlt, um ihre Zeit aufzuwenden, um Zahlen mit Zahlen oder Buchstaben mit Buchstaben zu vergleichen.”
- Paul Lind
Reebuild fokussiert sich aktuell auf zwei Felder: Workflows und Analytics/Reports.
In der Prozessoptimierung wurde identifiziert, welche Prozesse der Bau- oder Projektleitung automatisiert werden können und wie die richtigen Daten zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen. Das zweite Feld ist die Schnittstelle zwischen dem ERP-System (Enterprise Resource Planning) und dem kaufmännischen Bereich der Bauleiter.
Wenn der beispielsweise eine Vergabeentscheidung für den Trockenbau trifft, ruft er klassischerweise in der Kalkulationsabteilung an und fragt, was ein Quadratmeter in den letzten 6 Monate gekostet hat. Diese Frage kann Reebuild durch Datenanalyse aber auch beantworten.
Aktuell bietet Reebuild Softwarelizenzen für Mitarbeiter. Genaue Kundenzahlen nennt man nicht, nur, dass es eine Anzahl im mittleren zweistelligen Bereich ist. Der Kernfokus des Geschäfts liegt momentan in den Hauptmärkten Deutschland und Österreich, die Schweiz will man sich nach dem Sommer anschauen.
Aktuell sieht Paul Reebuild noch als junge Firma, die noch mehr Kunden gewinnen und mehr Vetrauen am Markt schaffen will. Ziel ist es, dass sich unter Bauleitern herumspricht, dass es jetzt ein Tool gibt, welches den kompletten kaufmännischen Workflow für Bauleiter abbildet.
Ein Tipp, der auch Paul in der Anfangsphase half, lautet: “Einfach mal rausgehen!”.
Am Bau ist ein tiefgreifendes Prozessverständnis wichtig, um Probleme zu identifizieren und Potenziale zu heben.
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