Aktivhäuser: Ein radikales Umdenken für nachhaltiges Bauen in Zeiten der Baukrise

November 1, 2023
Autor/in:
Anna Berger

Aktivhäuser, bekannt durch Werner Sobek, bieten eine nachhaltige Antwort auf die Baukrise und den Klimawandel. Im Gegensatz zu Passivhäusern, die auf maximale Isolierung setzen, betonen Aktivhäuser ein Umdenken im Wohnkomfort, soziale Dimension und Energieeffizienz.

Bildquelle:
pexels.com

Viele Akteure in Construction und Real Estate fordern eine neue Ära des Wohnens und einen Abschied vom luxuriösen Komfort.

Die Baukrise in Deutschland hat mittlerweile ein beängstigendes Ausmaß erreicht. Mit einem Mangel von bereits 700.000 Wohnungen und zahlreichen Projekten, die aufgrund mangelnder Rentabilität aufgegeben wurden, steht die Branche vor enormen Herausforderungen. In dieser Zeit des Wandels und der Knappheit wird ein Umdenken der Branche immer relevanter. Ein Pionier des nachhaltigen Bauens ist Werner Sobek, der mit seiner Vision von "Aktivhäusern" eine mögliche Antwort auf die drängenden Probleme des 21. Jahrhunderts bietet.

Unterschied Aktivhäuser vs. Passivhäuser: ein Paradigmenwechsel

Die Idee von Aktivhäusern steht in starkem Kontrast zu den traditionellen Passivhäusern, die sich in den letzten Jahrzehnten etabliert haben. Passivhäuser setzen auf eine ausgezeichnete Isolierung und eine minimale Wärmeabgabe, was den Energieverbrauch pro Quadratmeter reduziert. Allerdings steigt unser Bedarf an Wohnfläche stetig, was die positiven Effekte auf den Gesamtenergieverbrauch zunichtemacht. Dieses Missverhältnis ist eine der Ursachen für die aktuellen Umweltprobleme, die mit dem Bauboom einhergehen.

Aktivhäuser hingegen setzen auf eine neue Definition des Komforts. Schallschutz und thermische Behaglichkeit, die als wesentliche Komponenten des Komforts angesehen werden, sind in den letzten Jahrzehnten auf ein sehr hohes Niveau gestiegen. Dieser hohe Komfortstandard ist jedoch kostspielig und erfordert Materialien, die immer knapper werden. Sobek stellt die Frage, ob es wirklich notwendig ist, an wenigen Tagen im Jahr einen Pullover in der Wohnung zu tragen, um das aktuelle Komfortniveau aufrechtzuerhalten. Diese Kritik am übermäßigen Komfortanspruch wird von vielen geteilt. Weitere Vorreiterprojekte unter dem Motto „Einfach Bauen“ können zum Beispiel auf dem B&O Parkgelände in Bad Aibling besichtigt werden. Hier wurden von Florian Nagler Architekten drei Forschungshäuser errichtet, die ohne großen Komfort aufkommen, dennoch absolut wohnlich daher kommen und dabei noch nachhaltig sind.

Das Einfamilienhaus ist nicht die Lösung – wir brauchen ein neues Verständnis von Wohnqualität

Die soziale Dimension des Wohnens und die Lebensqualität sind ebenfalls von zentraler Bedeutung. In vielen Köpfen ist der Traum vom Eigenheim wichtiger Bestandteil der eigenen Zukunftswünsche. Dabei haben auch städtisches Leben und enge Bebauung einen positiven Einfluss auf Menschen und Umwelt. Enger bebaute, städtische Umgebungen, in denen die Menschen enger beieinander leben, ermöglichen oft ein lebendigeres und sozialeres Miteinander, erzeugen aber natürlich auch soziale Reibungspotenziale. Im Gegensatz dazu könnten frei stehende Einfamilienhäuser, die individuellen Wünschen entsprechen, eine erhöhte Infrastruktur, Material- und Emissionskosten verursachen. Eine dichtere Bebauung kann zu einem intensiveren sozialen Austausch und einer verbesserten Lebensqualität führen.

Energieverbrauch und Veränderungen in der Mobilität

Die Energieprobleme und die Notwendigkeit, den Energieverbrauch zu reduzieren, erfordern ein Umdenken im Bauwesen. Anstatt detaillierte Vorschriften und Maßnahmenpakete vorzuschreiben, schlägt Sobek vor, die Bürger in den Fokus zu rücken und die Bedeutung von Energieverbrauch und -erzeugung transparenter zu gestalten. In einem Interview mit der Welt schlägt er sogar ein Anreizsystem vor. Wie ein Bürgerstromkontingent, könnte Menschen dazu ermutigen, bewusster mit Energie umzugehen und zur Reduzierung des Stromverbrauchs beizutragen.

In Zeiten der Baukrise und des Klimawandels ist die Vision von Aktivhäusern und einer neuen Ära des Wohnens ein ermutigender Ansatz. Ein radikales Umdenken, weg von luxuriösem Komfort, hin zu einem bewussten Umgang mit Ressourcen und Energie, könnte der Schlüssel zu einer nachhaltigeren Zukunft sein.

Wer mehr darüber erfahren möchte, dem empfehlen wir auch einmal in unsere Podcastfolge mit Amandus Sattler (Architekt und Präsident DGNB) hereinzuhören.

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