Der globale Trend zu Holzhochhäusern spiegelt sich in zahlreichen Projekten wider. Die hybride Holzbauweise stellt nicht nur eine nachhaltige Bauweise dar, sondern soll auch den CO₂-Ausstoß im Baubereich reduzieren. Holzhochhäuser versprechen eine umweltfreundliche Alternative zu Beton und Stahl und könnten laut einer Studie aus den USA im Jahr 2019 (“Umweltvorteile der Verwendung einer hybriden CLT-Struktur im mittelhohen Nichtwohnbau: Eine LCA-basierte vergleichende Fallstudie im pazifischen Nordwesten der USA”) bis zu 25 Prozent weniger Emissionen verursachen.
Inmitten des B&O Bau ForschungsQuartiers in Bad Aibling in Bayern, erhebt sich das achtstöckige Holzhaus “H8”, was mit einer Gesamthöhe von knapp 25 Metern 2011 Deutschlands höchstes Wohnhaus aus Holz war. Das imposante H8 steht als Sinnbild für die Vielseitigkeit des Baustoffs Holz im urbanen, nachhaltigen Wohnungsbau. Die oberen Etagen beherbergen die B&O Verwaltungszentrale, während die unteren Stockwerke Raum für private Wohnungen mit variablen Raumverteilungen und Grundrissen bieten.
Internationale Perspektiven: Holzhochhäuser im Vergleich
Deutschland ist nicht allein in der Erforschung und Umsetzung von Holzhochhausprojekten. Weltweit setzen Länder wie Norwegen, Österreich, Kanada, die USA und Schweden auf den Baustoff Holz, um nachhaltiges Bauen voranzutreiben.
Norwegen stellte mit dem “Mjøstårnet” im Jahr 2019 das höchste Holzhaus der Welt vor. Mit 86 Metern übertrifft es Wiens “HoHo”, ein Holz-Hybrid-Hochhaus, das 84 Meter an Höhe erreicht.
In Deutschland setzt Hamburg mit dem Projekt "Roots" ein Zeichen für nachhaltigen Wohnungsbau. Mit 19 Stockwerken und einer Höhe von 65 Metern wird es das höchste Holzhochhaus Deutschlands. Der Turm, dessen Fertigstellung für Anfang 2024 geplant ist, übertrifft bereits existierende Holz- und Holzhybridhochhäuser in Deutschland.
Die integrale Planung des Holzhochhauses H8 in Bad Aibling
Die Planung des Holzwohnhaus H8 erforderte eine enge Zusammenarbeit innerhalb digitaler Gebäudemodelle zwischen verschiedenen Partnern, darunter unter anderem die B&O Wohnungswirtschaft, Schankula Architekten, Huber & Sohn GmbH & Co. KG sowie bauart Konstruktions GmbH & Co. KG. Das Planungsteam erhielt außerdem Unterstützung von Forscher:innen der TU München, der Technischen Hochschule Rosenheim und dem ift Rosenheim während der Entwicklung des Bausystems.
Brandschutz Holzhochhaus H8
Wie immer, wenn vom Holzbau die Rede ist, galt auch bei beim Bau des H8 Holzhochhauses besondere Aufmerksamkeit dem vorbeugenden Brandschutz.
Ein umfassendes Brandschutzkonzept war aufgrund der Höhe des Holzhochhauses H8 notwendig. Das Holzhaus mit einer Traufhöhe von knapp 25 Metern gehört gemäß der Musterbauordnung (MBO) zur Gebäudeklasse 5. Um den feuerbeständigen Anforderungen gerecht zu werden, wurde in Zusammenarbeit den Projektbeteiligten ein effektives Brandschutzkonzept entwickelt. Die tragenden Bauteile, einschließlich einer neu entwickelten Massivholzwand, erfüllen die Feuerwiderstandsklasse F90. Der Wandaufbau enthält nicht brennbare Steinwolle-Dämmstoffplatten und Brandschutzbekleidungen aus Gipsfaserplatten schützen vor externen Brandbelastungen. Innenseitig sind Wände und Decken nach der K260/REI60-Klassifizierung gestaltet, hauptsächlich unter Verwendung von Gipsfaserplatten der Feuerschutzklasse F120. Bei Übergängen zwischen gekapselten und nicht gekapselten Bauteilen wurden Brandschutzdichtschnüre oder abgestufte Gipsplatten eingesetzt, um Einbrände zu verhindern. Das Brandschutzkonzept berücksichtigt zudem einen Betontreppenhauskern und Laubengänge, um den Rettungsweg vom Treppenhaus zu den Wohnungen zu entkoppeln und die Ausbreitung von Rauch oder Feuer zu verhindern.
Tragwerk und Statik des H8 im B&O Bau ForschungsQuartier
Die Statik des Holzhochhauses H8 basiert auf einer durchdachten Kombination aus hauptsächlich Holz und zu Teilen Stahlbeton. Lediglich das Treppenhaus und die Balkone bestehen aus Stahlbeton. Für die Balkondecke wurde wiederum Massivholz verwendet. Das Verformungs- und Setzungsverhalten der Holzbauteile wurde durch Belastungstests in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität München untersucht.
Schallschutz Holzhochhaus H8
Die Gewährleistung eines effektiven Schallschutzes war ein zentrales Kriterium für den Bau des H8 in Bad Aibling. Ein innovativer Bodenaufbau mit Zementestrich, Trittschalldämmung und Latexgebundener Splittschüttung auf Massivholzelementen wurde erfolgreich implementiert.
Gestaltungskonzept des Holzhochhauses H8
Das Holzwohnhaus zeigt stolz seinen Hauptbaustoff – Holz. Die Fassadenbekleidung besteht größtenteils aus Holz, was zusätzliche brandschutztechnische Maßnahmen wie die Integration von Brandriegeln erforderte.
Vorfertigung als Schlüssel zum Erfolg:
Die Vorfertigung spielte eine entscheidende Rolle im Bau des Holzhochhauses H8 im B&O Bau ForschungsQuartier. Sie ermöglichte nicht nur eine höhere Qualität der Bauelemente, sondern auch eine erhebliche Beschleunigung der Montage. In nur zwei Tagen wurde ein komplettes Geschoss errichtet. Auch wenn es für alle Beteiligten Neuland war, ein solches Haus zu errichten, dauerte die Fertigstellung nur rund drei Wochen.
Architekt Schankula, erklärt was es für ihn bedeutet, Neuland zu betreten:
“Eine tief gehende Kenntnis von Material und Funktion, aber ebenso Kenntnisse über die Fertigungsprozesse können dazu führen, dass bei den auftauchenden Aufgabenstellungen des Architekten Ideen mit anderen Lösungsansätzen entstehen. Im nächsten Schritt muss man darüber nachdenken, wer ein geeigneter Partner sein kann und wie man ihn dazu bekommt, etwas mal anders zu machen als er es gewohnt ist.”
Vorteile von Holzhochhäusern
Holzhochhäuser bringen viele Vorteile, von welchen besonders ein Aspekt sehr unerwartet erscheint.
Umweltfreundlichkeit von Holzhochhäusern
Wohnen in Holzhochhäusern bietet eine Reihe von Vor- und Nachteilen. Auf der positiven Seite steht die Umweltfreundlichkeit von Holz als nachwachsendem Rohstoff, dessen Verarbeitung weniger Energie erfordert als Stahl und Beton. Holzhäuser speichern zudem CO₂ und tragen zur Reduzierung von Emissionen in städtischen Gebieten bei und verbessern das Raumklima, was gesundheitsfördernd wirken kann.
Holzhochhäuser in Erdbebengebieten
Durch ihr geringes Gewicht bieten Holzhäuser einen effektiven Schutz bei Erdbeben. In Ländern mit erhöhter Erdbebengefahr, wie Neuseeland, ist der traditionelle Holzbau weit verbreitet.
Ein beeindruckendes Beispiel für die Erdbebensicherheit von Holzstrukturen ist die Sakyamuni-Pagode des Fogong-Tempels in Shuozhou, China. Mit einer Höhe von 67 Metern zählt sie zu den höchsten Holzbauten weltweit und hat seit ihrer Errichtung im Jahr 1056 zahlreiche starke Erdbeben überstanden, ohne wesentliche Schäden zu erleiden. Erfahrungen aus den USA und Japan belegen, dass gut geplante Holzgebäude die geringste Anzahl von Todesopfern und die geringsten Schäden bei Erdbeben aufweisen.
Nach aktuellen Erkenntnissen bieten hoch aufragende Holzbauten einen besseren Schutz vor Erdbeben im Vergleich zu Gebäuden aus Stahl und Beton.
Feuersicherheit von Holzhochhäusern
Obwohl es zunächst überraschend klingen mag, sind Holzhäuser bei Feuer nicht weniger sicher als ihre Pendants aus Stahl oder Beton – einige Expert:innen behaupten sogar, dass sie sicherer sind. Dies ist vor allem auf die Verwendung moderner Baumaterialien zurückzuführen, insbesondere Cross Laminated Timber (CLT) oder auf Deutsch Brettsperrholz. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass es einfacher ist, das Abbrennverhalten von Holz vorherzusagen im Vergleich zu anderen Materialien wie Stahl. Da es in Hochhäusern schwieriger ist, Brände zu bekämpfen als in niedrigeren Gebäuden, kann der Einsatz von Holz als Baumaterial hier sogar als vorteilhaft angesehen werden.
Kritik an Holzhochhäusern
Dennoch gibt es auch Kritik an Holzhochhäusern, sowohl von einigen Expert:innen als auch von Vertreter:innen der Betonindustrie.
Ökologische Kritikpunkte an Holzhochhäusern
Obwohl Holz CO₂ speichert, könnten positive Klimaeffekte zunichte gemacht werden, wenn Holz nicht nachhaltig oder regional geschlagen wird. Einige befürchten, dass der steigende Holzbedarf in der Baubranche zu Monokulturen führen könnte, die wiederum das Aussterben vieler Tierarten zur Folge hätten.
Herausforderungen durch regulatorische Hürden
Regulatorische Hürden stellen eine weitere Herausforderung dar. Obwohl Gütesiegel wie das des Forest Stewardship Council (FSC) eine nachhaltige Forstwirtschaft versprechen, gab es Kritik an der Vergabe von FSC-Zertifikaten an Unternehmen, die mit Monokulturen und ökologischen Problemen in Verbindung standen.
Zusätzlich müsste die Holzbranche einige regulatorische Hürden überwinden, um Holz in höheren Gebäuden breiter einzusetzen. Viele Länder haben gesetzliche Beschränkungen für Holzgebäude eingeführt, insbesondere in Bezug auf die Gebäudehöhe.
Höhere Holzbauten: Pläne und Kontroversen
Architekt:innen planen bereits höhere Holzbauten, möglicherweise, um mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. In Japan gibt es einen Vorschlag für ein 350 Meter hohes Hochhaus, das hauptsächlich aus Holz und einem geringen Anteil Stahl bestehen soll. Doch nicht alle unterstützen diese Höhenwettbewerbe und sehen einen Sinn darin.
CO₂-Einsparung und die Herausforderung der Gebäudenutzung
Die CO₂-Einsparung durch Holzgebäude hängt auch davon ab, wie lange das Gebäude genutzt wird und was mit dem Material am Ende passiert, da bei der Zersetzung oder Verbrennung des Holzes das CO₂ wieder freigesetzt wird. Holz wird nach seinem Einsatz aktuell vor allem thermisch verwertet. Dies entspricht nicht dem Gedanken von kreislauffähigem ressourcenschonendem Bauen. Wird ein Gebäude darüber hinaus nur für einen kurzen Zeitraum genutzt, eignen sich andere Materialien wie beispielsweise Stahl ebenfalls, da die Recyclingquote des Materials derzeit noch höher ist. Hier gilt es die Materialauswahl sinnvoll abzuwägen und dieses entsprechend Nutzungsdauer und -zweck anzupassen.
Finanzielle Hürden: Baukosten und Instandhaltung von Holzhochhäusern
Bauen mit Holz ist leider nicht günstiger als konventionelle Bauweisen. Dies liegt vor allem daran, dass der Werkstoff Holz bauphysikalisch anspruchsvollere Detailausbildungen, eine enge Zusammenarbeit der Fachplaner:innen sowie ein durchdachtes Instandhaltungskonzept benötigt. Aktuell fehlen zudem einheitliche Standards, die dafür sorgen, dass immer wieder neu geplant werden muss.
Das Holz 8 als Wegbereiter für den modernen Holzhochhausbau
Insgesamt lässt sich erkennen, dass Holzhochhäuser nicht nur einen globalen Trend repräsentieren, sondern auch in Deutschland mit dem H8 Holzhochhaus im B&O Bau ForschungsQuartier einen bedeutenden Meilenstein im nachhaltigen urbanen Wohnungsbau setzen.
Trotz der zahlreichen Vorteile, wie Umweltfreundlichkeit und angenehmem Raumklima, stoßen Holzhochhäuser auf Herausforderungen wie Schallisolierung und Kosten. Die internationale Perspektive zeigt, dass Länder weltweit auf Holz als Baustoff setzen, wobei Projekte wie das “Mjøstårnet” in Norwegen und "Roots" in Hamburg herausragen. Die Planung und Umsetzung des H8 Holzhochhauses demonstrieren die Notwendigkeit integraler Kooperationen und innovativer Lösungen, insbesondere im Bereich Brandschutz und Schallschutz. Vorfertigung erweist sich als Schlüssel zum Erfolg, und der effektive Schallschutz beim H8 zeigt, dass Holzhochhäuser trotz ihrer Kritikpunkte durch innovative Ansätze eine vielversprechende Zukunft im nachhaltigen Bauwesen haben.