Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden: Wie steht es um die Infrastruktur in Deutschland?

September 18, 2024
Autor/in:
Thomas Lippold

In den frühen Morgenstunden des 11. Septembers brach in diesem Jahr die Dresdner Carolabrücke zusammen. Wie durch ein Wunder kamen keine Menschen zu Schaden. Normalerweise verkehren auf dem abgestürzten Teil Straßenbahnen. Das Unglück wirft Licht auf Deutschlands marode Infrastruktur.

Bildquelle:
Stadt Dresden

Es sind Videos und Bilder, wie man sie sonst vielleicht aus Kriegsgebieten kennt: mitten in der Nacht stürzt eine Brücke zusammen. Zwei Fernwärmeleitungen reißen, Wasserdampf strömt aus. Es ist dem Zufall zu verdanken, dass sich das Unglück in der Nacht ereignete, und nicht tagsüber eine voll besetzte Straßenbahn in die Tiefe gerissen wurde. 

Keine Toten, keine Verletzten: Glück im Unglück

In Dresden hat der Teileinsturz für Entsetzen gesorgt, man ist sich bewusst, wie knapp man einer Tragödie vorbeischrammte. Innerhalb von 47 Stunden wurde ein großes Stück der zerstörten Brücke abgetragen. Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert lobte die Schnelligkeit bei diesem Vorgehen und dankte Feuerwehr, THW und Bundeswehr sowie “letztlich jedem Baggerführer und jedem LKW-Fahrer der Centro Umwelttechnik und Logistik GmbH und deren Partnerunternehmen. Diese gemeinsame Leistung lässt zuversichtlich sein, dass wir auch die nächsten Herausforderungen meistern,” so Hilbert.

Aktuell verhindert die angespannte Hochwassersituation ein weiteres abtragen der restlichen Teile des Brückenzuges C. Weite Teil Polens und Tschechien sehen sich aktuell mit katastrophalen Hochwasser konfrontiert, die bereits Menschenleben forderten. Der Scheitel des Hochwassers in der Elbe wird dabei am Mittwoch, den 17.09 in der sächsischen Hauptstadt erwartet. Am Morgen wurde Alarmstufe 3 überschritten. Anwohner Dresdens müssen sich auf Überschwemmungen von bebauten Flächen, Straßen und Schienen einstellen. 

Wie konnte es zu dem Einsturz kommen?

Der eingestürzte Teil gehörte zum Brückenzug C, die Brückenzüge A und B stehen aktuell. An diesen Zügen wurden Messungen und Untersuchungen durchgeführt, deren Ergebnisse aktuell noch ausstehen. Das THW hat aus dem zerstörten Brückenzug C einige Teile zur Untersuchung herausgesägt und geborgen, außerdem wurden Betonproben entnommen. Weitere Untersuchungen können aktuell erst vorgenommen werden, wenn sich die Hochwassersituation beruhigt hat. 

Was bedeutet die Sperrung für den Verkehr?

Gesperrt sind im Moment die restlichen Züge der Carolabrücke, der Uferbereich sowie der Elberadweg auf beiden Seiten. Autos müssen eine Umleitung über eine andere Brücke nehmen. Als Hauptverkehrsader ist die Carolabrücke ein wichtiger Baustein des Verkehrskonzeptes in der Stadt. Umleitungsrouten müssen den Ausweichverkehr jetzt auffangen.

Wie steht es um Deutschlands Brücken?

Im Gespräch mit der Berliner Morgenpost warnt Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), vor dem “alarmierenden” Zustand der deutschen Infrastruktur. Er beklagt einen Sanierungsstau von 372 Milliarden Euro. Dass der auch hausgemacht ist, steht für ihn außer Frage. “Die marode Infrastruktur in diesem Land ist Teilergebnis eine Politikversagens (mit einigen Ausnahmen),” teilte er auf LinkedIn mit. 

Was muss jetzt passieren?

Wichtig sei, dass man nicht wieder in die Normalität zurückkehre und das Problem der kaputtgesparten Infrastruktur ignoriere. Der aktuelle Zustand gefährde den gesellschaftlichen Zusammenhalt, das Wirtschaftswachstum und auch die Rolle Deutschlands als Transitland in Europa, teilte Müller auf LinkedIn mit. Als Hauptverband der Deutschen Bauindustrie werde man daher nicht aufhören, das Problem zu benennen.  

Dabei hatte die Ampelkoalition für 2026 eine Mittelerhöhung für den Ausbau wichtiger Infrastruktur wie Brücken und Autobahnen angekündigt (Artikel: https://www.digitalwerk.io/hot-topics/hot-topics-post/brucken-bahn-und-autobahn-zur-lage-deutscher-infrastrukturprojekte). Hier herrscht also kein Erkenntnisproblem, sondern auch ein Umsetzungsproblem. 

Ähnlich drastische Worte findet auch der Zentralverband Deutsches Baugewerbe. In einer Pressemitteilung appelliert dieser an die Politik, “die Instandhaltung unserer Infrastruktur nicht zu unterschätzen. Nur durch frühzeitige und umfassende Investitionen können wir die Sicherheit und Funktionalität unserer Bauwerke langfristig garantieren,” teilte man mir. Zudem brauche man eine 10- bis 20-Jahres Perspektive, um Personal und Geräte aufbauen zu können. 

 Quellen: 

  1. https://x.com/MODIAFashion/status/1834874558609818041/video/1  
  2. https://www.dresden.de/de/rathaus/aemter-und-einrichtungen/unternehmen/feuerwehr/carolabruecke.php 
  3. https://www.zdb.de/meldungen/brueckeneinsturz-in-dresden-trauriges-symbol-der-infrastruktur-hierzulande 

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