Was bedeutet Klimaneutralität überhaupt?

February 19, 2025
Autor/in:
Thomas Lippold

Klimaneutralität bedeutet, CO₂-Emissionen so weit wie möglich zu reduzieren und im Idealfall sogar unvermeidbare Emissionen durch Klimaschutzprojekte auszugleichen. Unternehmen müssen dabei ihre gesamte Wertschöpfungskette einbeziehen – von Lieferketten über Energiequellen bis hin zu Gebäuden und Fuhrparks.

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Was bedeutet Klimaneutralität überhaupt?

Der Klimawandel stellt ohne Frage die Herausforderung unserer Zeit dar. Unternehmen aller Industrien, insbesondere aber auch in der Baubranche, stehen in der Verantwortung, ihren Beitrag zur Reduzierung der globalen CO₂-Emissionen zu leisten. Doch was bedeutet es eigentlich, klimaneutral zu sein? Im folgenden Artikel wollen wir diese Frage einmal beleuchten. 

Die Bauindustrie und der Klimawandel

Die CO₂-Emissionen in Deutschland betrugen 2023 rund 598 Millionen Tonnen. Erfreulicherweise ist das ein Rückgang von 10,9 % gegenüber dem Vorjahr. Die Bauindustrie hat einen nicht unerheblichen Anteil an den Treibhausgasemissionen. Im Jahr 2022 war dieser Wirtschaftsbereich für die Emission von 8,6 Millionen Tonnen CO₂ verantwortlich. Laut Zahlen des Umweltbundesamtes sind 30 % aller deutschen CO₂-Emissionen mit dem Bau aber vor allem mit der Gebäudenutzung verbunden. 

Das bedeutet, dass Gebäude ganzheitlich betrachtet werden müssen, und nicht nur die Errichtung, sondern speziell die Gebäudebewirtschaftung bis zum Ende des Lebenszyklus und auch der mögliche Gebäuderückbau betrachtet werden müssen.

Was bedeutet vollumfängliche Klimaneutralität?

Klimaneutralität bedeutet, dass beispielsweise Unternehmen oder Organisationen ihre CO₂-Emissionen so weit wie möglich reduzieren. Alternativ können verbleibende Emissionen durch Kompensationsmaßnahmen oder die Beteiligung an Klimaschutzprojekten ausgeglichen werden. 

Dies umfasst bei allen Unternehmen, die beispielsweise produzieren, nicht nur die Herstellung, sondern auch den gesamten Unternehmensapparat, der im Hintergrund tätig ist. Dazu gehören neben der gesamten Lieferkette beispielsweise auch der Betrieb von Liegenschaften und Büros sowie der Fuhrpark.

Klimaneutralität in der Praxis: Was können Unternehmen tun?

Unternehmen, die sich Klimaneutralität auf die Fahne schreiben, müssen verschiedene Strategien verfolgen:

  • Lieferketten einbeziehen: Klimaschutz endet nicht am eigenen Werkstor. Lieferanten müssen ebenfalls klimaneutral agieren. In Deutschland ist das 2023 verabschiedete Lieferkettengesetz eine Maßnahme, die Unternehmen dazu verpflichtet, bei globalen Lieferketten Menschenrechte und den Umweltschutz zu beachten. Zentral ist dabei, dass sich die Verantwortung von Unternehmen über die gesamte Lieferkette erstreckt - von der Gewinnung der Rohstoffe bis zum Endprodukt.

Als Behörde soll das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) die Einhaltung kontrollieren und Beschwerden überprüfen. Sollten Menschenrechte an Stellen der Lieferketten verletzt werden, können Betroffene rein theoretisch ebenfalls Beschwerde beim BAFA einreichen und vor deutschen Gerichten klagen. Ab 2027 greift in Deutschland ein verschärftes Lieferkettengesetz, da es nach der strengeren EU-Richtlinie umgeformt werden muss. 

  • Energieträger wechseln: Insbesondere in energieintensiven Industrien wie der Glasherstellung gibt es Optimierungspotenzial. Saint-Gobain setzt beispielsweise auf die Nutzung von grünem Strom, Wasserstoff oder Biogas bei der Glasherstellung, für die besonders hohe Temperaturen erreicht werden müssen.

  • Recycling und Wiederverwendung: Baustoffe können durch innovative Kreislaufkonzepte mehrfach genutzt werden. Im Konzept der Kreislaufwirtschaft ist es wichtig, Abfälle gleichzeitig als Rohstoffe zu verstehen. In einem vorherigen Artikel haben wir betrachtet, wie nachhaltige Glasproduktion mit Scherben aussehen kann. 
Nachhaltige Glasproduktion: Scherben und Kreislaufwirtschaft
https://www.digitalwerk.io/hot-topics/hot-topics-post/nachhaltige-glasproduktion-scherben-und-kreislaufwirtschaft
  • Büros und Fuhrpark: Unternehmen haben häufig auch eigene Liegenschaften. Neben Produktionsstandorten und Logistikzentren spielen auch Büros und Verwaltungsgebäude eine große Rolle bei der Einsparung von Treibhausgasemissionen. Energetische Sanierungen, die Wärmedämmung von Fassaden, der Umstieg auf effizientere Gebäudeheizungen, oder auch die Nutzung von Dachflächen für die Erzeugung von Solarenergie - die Möglichkeiten sind vielfältig.

Der Betrieb eigener Fuhrparks kann unter klimafreundlichen und betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten überprüft werden. Neben dem Umstieg auf eine Elektro-Flotte können auch Angebote des Corporate Carsharing interessante Alternativen für Unternehmen sein.

Was ist der Unterschied zwischen Klimapositivität und Klimaneutralität?

Die Erreichung vollumfänglicher Klimaneutralität ist eine immense Herausforderung. Neben technologischem Fortschritt sind politische Rahmenbedingungen und das Engagement der gesamten Wertschöpfungskette entscheidend. 

Während Klimaneutralität bedeutet, keine zusätzlichen Emissionen zu verursachen, geht Klimapositivität einen Schritt weiter: Unternehmen werden nicht nur klimaneutral (0 Tonnen CO₂-Emissionen), sondern sind aktiv gut für das Klima und die Umwelt. Das geht durch Produkte, die durch ihre Anwendung CO₂-Emissionen verhindern.  

Bis wann soll Deutschland klimaneutral werden?

Deutschland soll bis 2045 Netto-Treibhausgasneutralität erreichen. Nach 2050 sollen sogar negative Treibhausgas-Emissionen erreicht werden. Der Weg dahin ist jedenfalls beschritten. In der Energiewirtschaft sind die Emissionen seit 2014 um circa 40 Prozent gefallen, fand eine Studie des Thinktanks Agora Energiewende. 

In einem darin aufgestellten Szenario sind Klimaschutzinvestitionen nicht nur innovationsfördernd, sondern auch gut für die Wettbewerbsfähigkeit. Es kommt weiterhin auf einen „ausgewogenen Politikmix“ an – eine Kombination verschiedener Schwerpunkte wie CO₂-Preise, Marktregulierung, oder Infrastrukturausbau ist dabei besonders kosteneffizient und sozial ausgewogen.

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